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Die g'sunde Gartenarbeit

Wenn mich mein Internist nach sportlichen Aktivitäten fragt (was er regelmäßig beim halbjährlichen Check macht), komme ich stets ins Stottern. Schon von Kindheit an habe ich es gehasst, mich körperlich anzustrengen und zu schwitzen. Was mir Spaß macht, sind lange Spaziergänge (möglichst nicht bergauf), hin und wieder Rad fahren und… ja, das war’s dann schon, seit wir das Schi fahren aufgegeben haben. Als letzten Punkt erwähne ich noch den Garten und sofort hellt sich seine Miene auf. „Sie arbeiten im Garten? Sehr gut!“

Also Gartenarbeit ist gesund und geht schon fast als Sport durch, so lautet die Botschaft. Auch viele Ratgeber, sei es in Buchform oder im Internet, stufen Gartenarbeit als äußerst gesundheitsfördernd ein. Hurra! Doch wenn ich ehrlich bin, so wirklich überzeugt bin ich nicht von dieser Einschätzung. Schon gar nicht nach einem langen Arbeitstag im Garten, den ich in gebückter Haltung verbracht habe. Doch versuchen wir es einmal genauer zu durchleuchten.

Was sicherlich das Positivste an der Sache ist: Man ist den ganzen Tag an der frischen Luft. Im Garten bemerke ich Schlechtwetter viel weniger als in der Wohnung. Zu Hause starre ich aus dem Fenster, überlege mir dreimal, ob es einladend ist zum Rausgehen oder nicht, und warte ab, ob sich das Schuhe anziehen lohnt. Im Garten ist es umgekehrt. Ich bin einfach draußen und wenn der Wind weht oder sich die Sonne hinter dicken Wolken versteckt, ziehe ich mir halt einen Pullover an. Ins Haus gehe ich nur, wenn es regnet oder ich zu müde zum Arbeiten bin und es zum Sitzen zu kalt ist. Von daher kommt auch meine „gute Farbe“ im Gesicht, um die mich Freunde und Bekannte stets beneiden. „Wart ihr schon im Süden?“, fragen sie mich dann, wenn ich spätestens ab April braungebrannt herumrenne. „Nein, das ist vom Garten“, ist meine Standardantwort.

Ich habe einmal gelesen, dass das Gesündeste an der Gartenarbeit die unterschiedlichen Bewegungen sind, die man ausführt. Aha. Also ich kauere stundenlang  in einem Beet, zupfe Unkraut oder schneide Verblühtes ab, nur unterbrochen von einem Gang zum Komposthaufen, wenn der Kübel voll ist. Oder ich stehe stundenlang vor einem Strauch und schnipple abgeschnittene Äste klein. Oder ich schleppe mich stundenlang mit vollen Gießkannen ab, zwischendurch strecke ich mich nur, wenn der Wasserpegel in der Tonne weit unten ist. Nach unterschiedlichen Bewegungen klingt das auf den ersten Blick nicht. Doch je länger ich darüber nachdenke, umso vielfältiger werden die Abläufe: Geräte holen, bücken, strecken, stechen, harken, aufstehen, (im Beet) balancieren, herumgehen, schöpfen, heben, schaufeln, schleppen, schneiden, gießen, pflücken…

Ich versuche zumindest, ein bisschen Fitness in das ewige Bücken zu bringen. Immer, na sagen wir meistens, wenn ich etwas vom Boden aufklauben muss (sei es eine Marille, ein herabgewehtes Ästchen oder jedes Stück Plastik, das ich seit einiger Zeit penibel aufsammle (siehe „Mikroplastik„)), gehe ich in die Knie statt mich vornüberzubeugen. Beim Junifruchtfall artet das durchaus in Krafttraining aus. Weiters nehme ich ganz bewusst kleinere Kübel statt des großen Gartensacks, damit ich öfter aufstehen und hinters Haus gehen muss. Voriges Jahr habe ich mir einmal einen ganzen Tag lang das Handy um den Hals gehängt, um meine Schritte zu zählen, rund 5000 sind es schon geworden.

Was bei der Gartenarbeit jedenfalls beansprucht wird, ist die Konzentration. Ohne das Hirn einzuschalten, kann man nicht Unkraut jäten, sonst hat man bald die falschen Büschel in der Hand. Auch Verwelktes zwischen all den strahlenden Blüten auszuschneiden erfordert große Sorgfalt. Es ist mir auch schon passiert, dass ich mich in den Finger geschnitten habe, als ich gar zu gedankenlos Staudenreste zerkleinert habe.

Von der „alten Garde“ in unserer Anlage, den Pächtern, die ich schon seit meiner Kindheit kenne, sind nicht mehr viele übrig. Die werken allerdings samt und sonders noch im Garten. Ein paar Beete haben sie vielleicht aufgelassen, den einen oder anderen Strauch umgeschnitten, die Kübelpflanzen verschenkt, aber stets sehe ich sie mit einer Schere oder einem Rechen im Garten. Wenn sie sich im Schatten ausrasten, berichten sie mir stolz, was sie an diesem Tag alles geschafft haben, weniger als früher, und manchmal kommt die Tochter oder der Enkelsohn helfen, aber was sie können, machen sie noch selber, auch wenn dann der Rücken ein bisserl weh tut. Es scheint doch was dran zu sein, dass Gartenarbeit jung erhält. Ich probier’s weiter.

Eure Flora

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