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Kirschblüte

Als ich vor rund 35 Jahren den Garten von meiner Mutter übernahm, hatte ich von Pflanzen nur wenig Ahnung. Ich blätterte stundenlang im Gartenkatalog einer bekannten Tullner Gärtnerei (meine Bibel in den Anfangsjahren!) und träumte von bunten Beeten, ohne mich groß um deren Ansprüche zu scheren. Geplant habe ich kaum, das meiste waren hemmungslose Spontankäufe, die ich dann irgendwo unterbrachte. So manches Scheitern war auf ungestümes Drauflospflanzen zurückzuführen. Platz war nach der Gestaltung meiner Mutter sehr viel, denn sie hatte viele Beete, aber, aus Sparsamkeit und weil sie überall „gut dazwischen jäten“ wollte, riesige Abstände zwischen den Stauden. Am liebsten waren ihr ohnehin Einjährige wie Froschgoscherln (Löwenmaul) oder Sommerastern, von denen sie die Samen absammeln konnte, die kosteten nichts und sie konnte sie für den Friedhof verwenden.

Ich hatte von ihr einen völlig überalteten Flieder, eine monströse Forsythie und eine ebenso ausladende Palmkätzchenweide geerbt, denen ich verzweifelt ein passables Aussehen NACH der Blüte geben wollte. Nach einem radikalen Rückschnitt trieb der Flieder nur mehr kümmerlich aus, die Weide hat der Weidenbohrer ruiniert und die Forsythie habe ich mitleidlos zerhackt und ausgegraben. Ich wollte unbedingt eine Japanische Zierkirsche, denn deren Foto sah in dem Hochglanzkatalog bezaubernd aus. Ich sah mich unter einer rosa Wolke in meinem Garten sitzen, Idylle pur.

Heute weiß ich nicht mehr, warum es niemals dazu gekommen ist. Ich pflanzte Deutzie und Kolkwitzie, eine Blutjohannisbeere und Ginster, also jede Menge Sträucher, die nach der Blüte nur mehr als Sichtschutz punkten, aber nie die ersehnte Zierkirsche. Waren mir die Bäumchen zu teuer? Konnte ich mich nicht zwischen Zierkirsche und Mandelbäumchen (das ich auch nie verwirklicht habe) entscheiden? Leuchtete mir schon damals die ökologische Einseitigkeit der sterilen Blüten ein? Nach wenigen Jahren musste ich den morschen Zwetschkenbaum beseitigen (ich wollte eine „Pfluder“ pflücken und hatte den ganzen Ast in der Hand) und ersetzte ihn durch meine Blutpflaume, die ebenfalls zartrosa blüht, fleißig von den Bienen umsummt wird und im Sommer schmackhafte kirschgroße Zwetschken trägt. Vielleicht reichte mir diese rosa Wolke und ich hörte auf, an eine Zierkirsche zu denken, ja, ich vergaß sie ganz und gar.

Warum sie mir nun wieder in den Sinn kam? Anfang April reisen wir – nach Japan und kommen damit grade recht zur Kirschblüte. Also werde ich doch einmal unter einer rosa Wolke sitzen, Idylle pur. Blitzartig durchstreifte mich der Gedanke, dass ich jetzt vielleicht eine ECHT Japanische Zierkirsche… also wirklich aus Japan… die gibt’s doch sicher als Glücksbringer zum Kirschblütenfest… Das hat nicht jeder im Garten! Ein rascher Blick ins Internet auf die Einfuhrbestimmungen für Pflanzen aus Nicht-EU-Staaten holte mich rasch auf den Boden der Wirklichkeit zurück. Außerdem, was habe ich über Kurzauftritte geschrieben? Stattdessen holte ich den abgegriffenen Katalog wieder hervor (ob es den noch in Papierform gibt oder nur mehr den Onlineshop zum Schmökern?) und berauschte mich an den vergilbten Abbildungen.

Wie wird das in natura aussehen? Ein ganzes Land in rosa eingehüllt? Eigene Parks oder an jeder Straßenecke ein Kirschbaum?  Ist meine alte Kamera gut genug, um die Farben perfekt einzufangen? Einfache oder gefüllte Blüten? Hoffentlich verspätet sich die Blüte nicht oder ist schon längst vorbei, wenn wir dort sind (den Keukenhof habe ich wegen einer unerwarteten Hitzewelle im April 1990 auch nur im halb abgeblühten Zustand gesehen!). Ich werde euch jedenfalls davon berichten.

Eure Flora

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