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Madeira

„Sollen wir dir was für den Garten mitbringen?“ Diese schlichte Frage einer Freundin, die demnächst einen Urlaub auf Madeira verbringt, löste bei mir gestern Abend dieselbe Reaktion aus wie ein Glas Sekt. Ein Kribbeln, ein Prickeln, eine plötzliche Freude und ein spontanes Jaaaa – was soll man denn sonst auf eine solche Frage antworten? „Einen Natternkopf, bitte!“

Wer schon einmal auf der Blumeninsel Madeira war, weiß, dass weite Strecken von Agapanthen, Strelitzien und Natternköpfen beherrscht werden. Die beeindruckenden Exoten, bei uns liebevoll verhätschelte Kübelpflanzen, wachsen dort einfach am Straßenrand in verschwenderischer Fülle. Die großen Bälle der Afrikanischen Schmucklilien (Agapanthen), die bizarren Blüten der Papageienblumen (Strelitzien) und die riesigen aufrechten Rispen des Natternkopfs geben ein umwerfendes Bild ab. Nun, Agapanthen habe ich schon (übrigens von derselben Freundin aus Madeira mitgebracht, siehe „Mein größter Stolz„), Strelitzien auch (siehe „Diese Töpfe!„), aber das intensive Violett des hoch aufragenden Echium candicans fehlt mir noch in meiner Sammlung. Ich habe zwar der Insekten wegen Natternkopf im Garten, aber dabei handelt es sich um den zweijährigen heimischen Echium vulgare, durchaus hübsch, aber mit dem strauchig wachsenden Madeira-Natternkopf an Größe und Leuchtkraft nicht zu vergleichen. Haben wollen.

Nach der ersten Euphorie setzte bei mir wieder der Verstand ein. NOCH eine stattliche Kübelpflanze? Immerhin wächst der Strauch bis zu zwei Meter hoch. Mein Gärtner-Ich wischte den Einwand wider besseres Wissen beiseite: Auf den einen Kübel kommt es jetzt auch nicht mehr an, irgendwo kommt der im Winter schon unter, wer weiß, überleben heuer alle im Kübel… Mein Verstand blieb hartnäckig: Du musst die Agapanthen im Frühjahr teilen und hast dann wahrscheinlich eh vier neue Kübel. Ja, aber… mir gingen zwar die Argumente aus, aber die Natternköpfe sind halt so schön. Während dieses inneren Diskurses suchte meine Freundin vergeblich Zettel und Bleistift, um sich meinen Wunsch zu notieren, und wir kamen überein, dass ich ihr die genaue Pflanzenbezeichnung elektronisch zukommen lasse.

Heute habe ich den Madeira-Natternkopf ausführlich gegoogelt. Sämtliche Beschreibungen sind sich einig, dass er keinesfalls winterhart ist. Schlimmer noch, er ist auch noch immergrün (oder besser immergrau), jedenfalls benötigt er wegen seines Laubes im Winter einen ebenso hellen Standort wie im Sommer. Die kleinen Fenster meines Gartenhauses können ihm diesen Luxus nicht bieten, außerdem sind die besten Plätze bereits von den Agapanthen und der ebenfalls immergrünen Zistrose besetzt. Ich las weiter: ideale Temperatur 10° C. Also nicht 5° C, wie die robusteren Agapanthen, für die ich ohnehin schon den ganzen Winter den Frostwächter aufgestellt habe. Mein ungedämmtes Gartenhaus auf 10° C durchzuheizen, wäre eine ziemliche Energieverschwendung, kommt also nicht in Frage, außerdem müsste ich dann noch eine Pflanzenlampe mit Timer… Nein, den großartigen Natternkopf kann ich mir abschminken.

Aus meinem Fotoalbum 1998

Ich suchte weiter nach passenden Pflanzen von der „Insel des ewigen Frühlings“. Ich fand keine, also keine passenden. Aeonium, Protea, Agaven, Passionsblumen, alles nicht winterhart, alles nur als Zimmerpflanze oder für einen Wintergarten geeignet. Frustriert schrieb ich meiner Freundin, dass sie mir nichts mitbringen solle.

Einen Wintergarten werde ich nicht bauen und ein Kalthaus (ein ungeheiztes Gewächshaus) auch nicht. Mir bleibt nur eines übrig, wenn ich den Natternkopf wiedersehen möchte: Ich muss nach Madeira fahren. Duuuu, Christian?

Eure Flora

PS: Wie Ihr dem Beitrag entnehmen könnt, waren wir schon einmal auf Madeira und zwar 1998. Wir haben damals einen Haufen Filmmaterial mitgebracht und ein paar Filme daraus gestaltet. Ein kurzes Video beleuchtet die Blumeninsel etwas ironisch aus meiner gärtnerischen Sicht. Die Bildqualität war damals S-VHS, also nach heutigen Sehgewohnheiten nicht berühmt, und das Überspielen auf DVD hat es auch nicht viel besser gemacht. Trotzdem: Schauen Sie sich das an!

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