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Nachschau

Ungefähr alle zehn Tage fahre ich im Winter in den Garten, um nach dem Rechten zu sehen. Ob der Frostwächter anspringt, ob der Wind irgendwelche Schäden verursacht hat, ob es meinen Schätzchen eh gut geht. Gestern war es wieder einmal so weit und Christian wollte mitfahren. Ein paar kümmerliche Sonnenstrahlen lockten sogar ihn als leidenschaftlichen Stubenhocker ins Freie. Ich fürchte nur, dass er nicht mit meinen Rundgängen durch den Garten gerechnet hat. Nachschauen heißt für ihn festzustellen, dass das Haus noch steht und es drinnen keine Minusgrade hat. Dass ich neugierig in alle Beete gucke, ob sich schon was tut, strapazierte seine Geduld doch ein wenig.

Tatsächlich tut sich schon ein bisschen was. Die Bäume tragen allesamt Knospen, die Strauchpfingstrose sowieso und auch die Staudenpfingstrosen zeigen bereits dicke Spitzen im Boden. In die Blumenwiese habe ich Narzissen und Wildtulpen gestupft, erste Anzeichen lugen aus der Erde. Also hüpfte ich schleunigst aus der Blumenwiese heraus, um nichts niederzutrampeln. Große Freude hatte ich, als ich sah, wie sehr sich der Hopfenoregano, den ich erst im September umgesetzt hatte, in der Brunnenumrandung vermehrt hat (siehe Bilanz 2024). Das Wasser im Brunnen ist dick gefroren, die eingeschlossenen Blätter von Froschbiss und Seekanne schauen aber im Eis recht frisch aus, ebenso der Schwimmfarn im Seerosenteich. Also ich wäre nicht böse, wenn ich nächstes Jahr nicht schon wieder neue Sauerstoffpflanzen kaufen müsste!

Die winterharte Agapanthe, die ich im Herbst in den Bauerngarten gepflanzt habe, hat sich oberirdisch völlig zurückgezogen, auch die benachbarte Amsonia. Sogleich kam ich beunruhigt ins Grübeln. Warten die Neuen unterirdisch wärmere Temperaturen ab? Das wird spannend im Frühjahr und von irgendeiner Pflanze hat mir die Gärtnerin gesagt, dass sie so spät austreibt, dass man regelmäßig glaubt, sie ist eingegangen. Aber welche war das nur, warum hab ich mir das nicht aufgeschrieben? Also werde ich bei allen Neulingen endlos warten, um nicht aus Versehen einen Spätzünder zu jäten. Die Schneeforsythie sollte schön langsam Knospen ansetzen, wenn sie Anfang März blühen will, tut aber nichts dergleichen. Wenn sie heuer wieder keine Nahrung für hungrige Hummelköniginnen bietet, landet sie unerbittlich auf dem Kompost. James II steht kraftstrotzend vor der Terrasse, als ob er am liebsten sofort austreiben möchte, ein bisschen gedulden sollte er sich schon noch, der Winter ist noch lange nicht vorbei. „The Pilgrim“ gebe ich vorläufig einen weiteren Sommer eine Chance, vielleicht hilft der Wegfall der Brautspierennachbarin, den Sternrußtau einzudämmen. Oder ideales Frühlingswetter hält den Pilz hintan. Oder es geschieht sonst irgendein Wunder.

Bei der Gelegenheit suchte ich gleich nach Kandidaten, die sich an ihrem Platz nicht wohlfühlen, um sie im Frühling auf den freien Platz hinter dem Haus umzusetzen (siehe Platz!). Die Prunkspiere unter dem Marillenbaum etwa, die sich seit Jahren verzweifelt nach der Sonne streckt, oder der Farnblättrige Faulbaum im Wegbeet, der nur millimeterweise wächst. Da würde sich gleichzeitig eine Lücke für die Zuckerhutfichte auftun, die ich endlich aus ihrem Topf befreien möchte. Christian dachte schon, ich hätte sie entsorgt, als er sie im Komposthaufen sah, dabei habe ich lediglich den Topf im Herbstlaub eingegraben, um die Wurzeln vor dem Frost zu schützen.

Im Haus bekamen die Kübelpflanzen alle ein Schlückchen Wasser, um nicht statt zu erfrieren zu vertrocknen. Dann schnitt ich noch das Laub der Elfenblumen ab – ein Tipp, der von meiner Lieblingsgärtnerei stammt. Erstens verdecken die Blätter dadurch nicht die frühen Blüten und zweitens wird das alte Laub unansehnlich, sobald das neue nach den Blüten austreibt. Alt und neu zu trennen ist dann allerdings eine endlose Fitzelei und so schwinge ich alljährlich im Jänner die Schere. Dann war es aber genug, auch mir wurde allmählich kalt. Den Wein schneide ich das nächste Mal. Nur kurz noch schauen, ob die Himbeeren schon ansetzen und hat der Mangold überlebt? Schaut das Schneeglöckchen schon aus seiner Terrassenfuge heraus? Haben sich die Buschwindröschen vermehrt? Wie geht’s dem Muskatellersalbei?

Wann kommt denn endlich der Frühling?!

Eure ungeduldige Flora

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