Braun
Es gibt schon Brauntöne, die mir gefallen. Das glänzende Braun einer frischen Kastanie etwa, das warme Braun meiner Kirschmöbel im Wohnzimmer, das Genuss versprechende Braun meines Morgenkaffees oder das romantische Braun einer alten Ziegelmauer. Bei meinen Pflanzen mag ich die Farbe ganz und gar nicht.
Dass Samenstände nach getaner Blüharbeit braun sind, ist Teil des ewigen Kreislaufs und eigentlich nicht schlimm. Trotzdem lösen die dürren Gebilde Jahr für Jahr bei mir den August-Blues aus. Obwohl ich viele Pflanzen gesetzt habe, die überhaupt erst im Spätsommer blühen (sollen), geht das Konzept nicht auf. Durch die immer wärmer werdenden Frühjahre laufen viele Blumen schon vor der Zeit zu ihrer Höchstform auf, um dann im August bereits abgeblüht dazustehen. Seit Wochen schon öffnen sich Herbstastern, nämlich genau die uralte blasse Sorte meiner Großmutter, die in meiner Familie nur „Bienenvatter“ hieß, weil sie stets das letzte bisschen Nektar für die Bienen bereit hielt. Bis November. So lange werden sie dieses Jahr wohl kaum durchhalten. Auch mein Storchschnabel „Dilys“, zu Beginn seiner Karriere ein verlässlicher Dauerblüher von August bis zum ersten Frost, hat bereits im Mai (!) seine pinkfarbenen Blüten gezeigt und ist nun erschöpft. Vor zwei Jahren habe ich einen kräftigen Rückschnitt gewagt, was mir Dilys bis zum nächsten Frühjahr nicht verziehen hat. Ich dachte schon, ich hätte ihn gänzlich umgebracht. Also bleibt es bei schäbigem Grün-Braun. Gott sei Dank gibt es auch attraktive, zierende Samenstände wie den Silbertaler, das Reitgras und die Igelköpfe der Sonnenhüte. Beim Wiesenknopf bin ich mir noch unsicher, ob ich ihn mag.
Noch trauriger machen mich Pflanzen, die vor dem programmgemäßen herbstlichen Gewand braune Blätter bekommen. Solche Anzeichen sehe ich als stummen Vorwurf, mich nicht genug um sie gekümmert, ihre Bedürfnisse zu wenig beachtet zu haben, zu nachlässig, zu knauserig mit meinen Wassergaben gewesen zu sein. Kurzum suggerieren sie mir, eine schlechte Gärtnerin zu sein. Jeden Sommer werden die Blätter des schönen Knöterichs „Taurus“ (siehe „Hinter dem Haus„) erst gelb, dann braun, während die Blüten noch in die Höhe ragen und eigentlich ganz zufrieden ausschauen. Ich dachte immer, es sei ein Trockenschaden, wie ich ja stets die Schuld bei mir suche. Heuer habe ich den Knöterich fast täglich gegossen, um das saftige Grün zu erhalten – er vergilbt schon wieder. An mir kann’s nun diesmal nicht liegen, glücklich bin ich trotzdem nicht damit. Das Lampenputzergras habe ich vom Topf wieder ins Beet gesetzt, die braunen Spitzen haben überhand genommen. Als nächstes wandern wohl die vier Japanischen Frauenfarne ins Beet, die derzeit meine Holzterrasse unter der Blutpflaume begrenzen. Anfangs mickerte nur derjenige vor sich hin, der die meiste Sonne abkriegt, mittlerweile werden bei allen Wedel braun und zusammengekrümmt, egal wie viel ich dünge und gieße. Ich brauche nur noch einen guten Platz für sie.
Am ärgsten deprimiert mich die Wiese, die in der Hitze, zumindest an den sonnigen Stellen, verdorrt. Im Schatten des Marillenbaums ist es grüner, aber das Wachstum haben die Grashalme auch dort längst eingestellt. Auch das Nachsäen von „Trockenrasen“ hat die spätsommerliche Dürre nicht verbessert. Das Gießen habe ich aufgegeben, es hilft ja doch nichts gegen das pannonische Steppenklima. Auch wenn rundherum viele Farbtupfer aufleuchten (z.B. Rudbeckien, Fuchsien, Blauraute und Ehrenpreis, Gaura und Sonnenblumen, Wüstenmalve und Goldruten), die große braune Fläche macht den Gesamteindruck zunichte. Die „Blumenwiese“ sieht nach dem Schnitt Ende Juni mickrig und zerzaust aus, nächstes Jahr werde ich sie nur mehr im Herbst mähen, um ein üppigeres Bild zu bewahren.
Den perfekten Garten, zu allen Jahreszeiten, gibt es den? Nein. Ich muss demnächst in die „Garten Tulln“ fahren und mir dort das nahende Saisonende vor Augen führen. Aus Erfahrung weiß ich, dass auch dort die leuchtenden Sommerfarben weniger, ganze Bereiche struppig und unattraktiv werden, und die Profis können das auch nicht aufhalten. Dann fahre ich wieder getröstet heim und warte auf die knalligen Beeren des Feuerdorns.
Eure Flora