Kurzauftritte
Vor dem Stadtgartenamt in Wien steht eine große Magnolie. Wenn man den Baum in voller Blüte sieht, ist er ein atemberaubendes Wunder. Wenn…
Denn obwohl ich seit vierzig Jahren nur wenige Gehminuten entfernt wohne, habe ich dieses Wunder bestenfalls ein Dutzend Mal erlebt. Meist sehe ich dicke Knospen kurz vor dem Aufspringen und denke mir: Jetzt ist es bald soweit! Wenn ich das nächste Mal vorbeikomme, liegt die ganze Pracht schon am Boden. Nicht nur, dass die Blütezeit extrem kurz ist, reicht auch eine kalte Nacht oder ein Regenguss, um die riesigen weiß-rosa Kelche in unansehnlichen braunen Matsch zu verwandeln. Oder ich komme überhaupt gleich zu spät und es sprießen schon die Blätter.
Diese Erfahrungen haben mich frühzeitig davor bewahrt, in meinen Garten eine Magnolie zu pflanzen. Einige Bekannte haben sich jahrelang mit so einem Prunkstück abgeplagt, meines Wissens nach steht keines mehr davon. Allesamt waren sie von der kurzlebigen Schönheit enttäuscht, den Rest des Jahres ist es ein nicht besonders aufregender grüner Baum. Aber das heißt natürlich nicht, dass ich vor Reinfällen gefeit bin. In Erinnerung an eine Zugfahrt in England durch kilometerlange blühende Ginsterbüsche habe ich vor vielen Jahren zwei Ginster gepflanzt, einen gelben und einen Elfenbeinginster. Leider habe ich mir nicht überlegt, wie sie nach der Blüte den ganzen Sommer lang aussehen. Und so hatte ich zwei struppige Besen im Garten stehen, die ich vergeblich mit Schnittmaßnahmen und Zusammenbinden versuchte, ansehnlicher zu machen. Als ein kalter Winter (ja, das gab’s einmal!) sie hinwegraffte, war ich alles andere als traurig.
Pfingstrosen sind ähnlich langweilig. Obwohl ich an den alten Ladys hänge (siehe „Der Garten meiner Großeltern„), muss ich doch zugeben, dass sie nach der viel zu kurzen Blüte rechte Krautstauden sind. In schlechten Jahren überziehen sich die Wedel auch noch mit Mehltau. Die Staudengärtnerei Gräfin von Zeppelin hat sich unter anderem auf Pfingstrosen spezialisiert. Beim Stöbern im Onlinekatalog juckt es mich schon gewaltig, einige der umwerfenden Sorten zu bestellen, doch der Gedanke an „danach“ hält mich dann doch davon ab. Eine Ausnahme ist meine chinesische Strauchpfingstrose, die mit ihren hübschen Blättern die ganze Saison über attraktiv bleibt. Vielleicht doch eine zweite? Leider blühen Strauchpfingstrosen früher als die Stauden, oft schon Anfang April, sodass die Gefahr besteht, dass ich in einem schlechten Frühjahr wenig davon sehe.
Mit den Jahren bin ich klüger geworden und achte bei meiner Pflanzenauswahl vermehrt auf eine lange Blütezeit, damit sich der ganze Aufwand für länger als eine Woche lohnt. Wenn ich Pech habe, bin ich grad dann auf Urlaub oder es regnet andauernd und ich habe nichts davon. Hätte ich mehr Platz, würde ich spezielle Jahreszeitenbeete anlegen. Ein Frühlingsbeet etwa wäre schon nett, wo sich Tulpen und Narzissen, Goldlack, Elfenblumen und Akeleien ein Stelldichein geben. Den Rest des Jahres schaut man halt nicht mehr hin. Aber auf meiner kleinen Fläche geht das mit dem Nichthinschauen nicht, also habe ich die Frühjahrsblüher im ganzen Garten verteilt und buschige Sommerblüher danebengesetzt, damit kein Beet abgeblüht ausschaut. Weist eine Beschreibung darauf hin, dass die Pflanze sich besser im Hintergrund des Beetes macht, weil sie nach der Blüte unansehnlich wird, lasse ich schon die Finger davon. Zumindest als grüner Fleck muss sie schon was hermachen, wie etwa meine Fackellilien, deren imposante Blatthorste auch ohne Fackeln für Fülle im Beet sorgen.
Also, liebe Pflanzen: Mindestens vier Wochen lang blühen, danach prächtig grün aussehen, jedes Jahr üppiger werden und das alles ohne viel Pflegeaufwand, ja? Und dann bin ich aufgewacht.
Eure Flora