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13 Meter

Meine Eibenhecke bildet einen willkommenen Sichtschutz zum Anlagenweg. Als Eckgarten ist mein kleines Paradies ja besonders exponiert und ich will nicht völlig in der Auslage sitzen. Sie war eines meiner ersten Projekte im Garten, denn bei meiner Mutter hatte jeder rundherum Einblick (siehe „Die Eibenhecke„). Mittlerweile hat sich mein Geschmack geändert, heute würde ich eine naturnahe, abwechslungsreiche Blütenhecke pflanzen, aber jetzt steht sie nun einmal da und so schlecht ist der dunkle Hintergrund für meine bunte Vielfalt nicht.

13 lächerliche Meter ist meine Eibenhecke lang, aber manchmal kommt sie mir vor wie die Chinesische Mauer. Nämlich immer dann, wenn der Heckenschnitt fällig wird. Viele Jahre lang habe ich die Hecke mit der Schere geschnitten, weil ich getrimmte Formschnitthecken nicht mag. Dieses Tage dauernde Unterfangen habe ich so selten wie möglich durchgeführt und so ist es kein Wunder, dass mir die Eiben über den Kopf gewachsen sind. Eines Tages habe ich eingesehen, dass es so nicht weitergeht, habe den Gärtner mit einem radikalen Rückschnitt beauftragt und mir eine kleine handliche Heckenschere gekauft. Der Gärtner hat mir empfohlen, die Hecke zwei Mal jährlich in Form zu halten, so wäre es am leichtesten. Na ja.

Da die Hecke nun wieder viel schmäler ist, kam ich auf die verhängnisvolle Idee, die grüne Wand mit einer hübschen Vorpflanzung aufzulockern. Prächtige Bilder aus meinen Gartenzeitschriften taten das ihre dazu bei und ich überlege mir ernsthaft, ob ich die Magazine verklagen kann. Wenn bei einem Superman-Kostüm dabeistehen muss, dass es keine Flugfähigkeit verleiht, und bei Tulpenzwiebeln vom Verzehr abgeraten wird, wieso werden solche Fotos nicht mit dem Warnhinweis „Überlegen Sie sich, wie Sie nachher die Hecke schneiden wollen!“ versehen? Gewiss, einem vernünftigen Menschen würde dieser Gedanke ohnehin kommen, aber der Anblick von tollen Beeten verwandelt jeden Gärtner (und erst recht jede Gärtnerin) in ein sabberndes, „Haben wollen“ stammelndes, närrisches Wesen. Vielleicht sollten Gartenzeitschriften als gefährliche Drogen unter das Suchtmittelgesetz fallen.

Es begann mit Sonnenblumen (siehe „Das große Buffet„) und endete mit dem Sitzplatz beim Brunnen, dem Präriebeet und der Blumenwiese. Im ersten Jahr war das Ausmaß der Katastrophe nicht sichtbar, denn die kahlen Äste verwandelten sich nur langsam in schnitthungriges Grün. Als mir das Problem klar wurde, war die Vorpflanzung schon perfekt.

Schon mit schwerem Gerät zur Hecke hinzugelangen, ohne eine Pflanze zu beleidigen, ist ein Ding der Unmöglichkeit und ohne fremde Hilfe nicht zu bewältigen. Dabei ist der eigentliche Schnitt gar nicht die größte Schwierigkeit. Wenn ich erst einmal in die Beete hineingeklettert bin und mir jemand die Heckenschere reicht, sind die Zweige schnell abgesäbelt. Ich muss mir halt ein Dutzend Mal einen neuen Standplatz zwischen meinen Stauden oder in der Blumenwiese suchen. Wesentlich kniffliger ist es hingegen, das Schnittgut aus den Beeten herauszubekommen. Ein Rechen zerstört mehr, als er bringt, und händisches Ausklauben ist nur bei den größeren Ästen sinnvoll und bedingt noch einmal eine wilde Turnerei in der Bepflanzung. Die kleinen Spitzen einfach liegen zu lassen, ist verlockend, wird im Laufe des Sommers aber unansehnlich, weil sie dürr und braun werden und das hübsche Bild dämpfen. Also versuche ich sie mit einem kleinen Handrechen so gut es geht zu sammeln, was dreimal so lange dauert als der Schnitt.

Heuer wollte ich es schlau angehen und die Hecke bereits Ende Februar schneiden, bevor alle Stauden ausgetrieben sind und ich nur auf wenig aufpassen muss. Leider hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon die Neuanlage des Feuerdornbeets im Kopf und pfuschte schnell-schnell herum. Nach zwei Metern ratterte ich durch das Kabel und musste aufhören. Wenigstens weiß ich jetzt, dass der frühe Schnitt überhaupt nichts bringt, denn die geschnittenen zwei Meter unterscheiden sich aktuell kein bisschen vom Rest der Hecke. Ich muss also Ende Juni ohnehin ausrücken und die Hecke in ihre Schranken weisen. In einer Gartenzeitschrift (schon wieder!) habe ich gelesen, dass man am besten einen bewölkten Tag für die Arbeit auswählt, damit die gekürzten Zweiglein nicht gleich in der Sonne ausbrennen. Mag schon stimmen, aber was noch alles?! Ich muss Zeit und Energie haben, eine helfende Hand in Reichweite und ich muss den inneren Schweinehund zum Schweigen bringen, der mir zuflüstert „Das kannst du doch auch nächste Woche machen!“ Tut mir leid, das Wetter ist mir da wurscht.

Eure Flora

PS: Ich habe es heute geschafft, mit Unterstützung meines Mannes (sogar er hat eingesehen, dass das alleine nicht machbar ist!) die Innenseite meiner Eibenhecke zu schneiden. Am Nachmittag kommen mein Sohn und der Freund meiner Tochter, ihnen habe ich die Außenfront und die Oberseite übrig gelassen. Bleibt nur noch die lästige Klauberei des Schnittguts, aber das mache ich erst morgen, wenn der Schnitt komplett fertig ist.

Geschafft!
Das wird nicht lustig!

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