• Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Mein größter Stolz

Mein größter Stolz ist ein Gast aus Madeira.

Die Blumeninsel im Atlantik ist für eine Gärtnerseele nicht nur reine Freude. Ich erinnere mich noch an meine Gefühle, als wir, lange vor den Kindern, rundherum und kreuz und quer auf Madeira unterwegs waren: Staunen, Entzücken – und Frust. Was dort im Straßengraben ohne menschliches Zutun wächst, ist bei uns ein botanischer Garten mit einem Dutzend Gärtner. Im Botanischen Garten der Hauptstadt Funchal stand ich vor einem gut vier Meter hohen Strauch und dachte mir „die Blätter kenn ich“, bis ich dahinterkam, dass es ein Weihnachtsstern war.
 
In der Markthalle von Funchal werden haufenweise Blumen angeboten, unter anderem auch Rhizome von Agapanthen, den afrikanischen Schmucklilien, die auf der ganzen Insel wild wachsen und in die ich mich sofort verliebt hatte, vielmehr als in die allgegenwärtigen Strelitzien. „Nimm dir doch was mit“, meinte mein Mann, doch das traute ich mich nicht. Zu übermächtig waren die üppigen Bilder von den prächtigen Stauden in meinem Kopf, dass ich in meinem Garten einen müden Abklatsch davon haben wollte.

Deswegen war ich im ersten Moment erschrocken, als mir eine liebe Kollegin vor zwei Jahren von einem Madeiraurlaub zwei Agapanthenrhizome mitbrachte. „Oh Gott“, dachte ich, „die bringe ich bestimmt um.“ Ich pflanzte die zwei Stücke ohne viel Begeisterung in Plastiktöpfe (was ich sonst nie mache, ich finde Tontöpfe viel schöner), denn ich dachte nicht, dass sie irgendeine Zukunft hätten. Als tatsächlich aus einem Rhizom zaghaft Blätter wuchsen (das zweite blieb unverändert, ich habe es nach einem Jahr kompostiert), begann ich vorsichtig, mich zu freuen. Aber viel mehr als ein paar Blätter wurden es nicht und es drohte der Winter. Kurz entschlossen erstand ich für mein Gartenhaus einen kleinen Heizstrahler, um die kostbare Pflanze keinen Minusgraden auszusetzen. Der Kundenberater im Baumarkt hielt mich wohl für ziemlich meschugge, als ihm den Zweck meines Kaufs erklärte, zumindest sah er mich so an. Egal, meine Agapanthe hatte warme Füße und fürsorglich besuchte ich sie alle zwei Wochen (bis dahin hatte ich mein Gartenhaus im November zu- und im März wieder aufgesperrt).

Im Frühjahr begann sie wieder mit der Blätterproduktion und ich war schon froh, dass sie wenigstens überlebt hatte, bis plötzlich eines dieser Blätter anders aussah als die anderen. Sie wird doch nicht… ? Nach wenigen Tagen war es Gewissheit, eine Blüte schob sich aus der Mitte empor. Mich packte das schlechte Gewissen wegen des schäbigen Topfes, aber ich wagte nicht, jetzt noch daran etwas zu ändern. Vorsorglich kaufte ich einen hübschen Holzkübel für nächstes Jahr.

Und dann blühte sie, so schön wie in meiner Erinnerung und unglaublich lang anhaltend. Ich war im siebenten Gärtnerhimmel.
Heuer ist sie in den Holzkübel umgezogen und es scheint ihr zu gefallen. Sie streckt bereits zwei Blüten in die Höhe und ich kann es kaum erwarten, dass ihre blauen Bälle meine Terrasse schmücken.
 
Eure Flora

Schreibe einen Kommentar