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How are you?

Ist Mauritius das Paradies auf Erden? Natürlich nicht. Auch hier liegt der Müll am Straßenrand, hausen die Ärmsten in Wellblechhütten und streunen herrenlose Hunde in den Dörfern. Aber es gibt auch atemberaubende Natur, traumhafte Strände und unendlich viel Freundlichkeit. Die Begrüßung umfasst neben einem herzlichen „Hello“ oder „Bonjour“ stets die Frage nach dem Befinden oder wie der Tag war. Bevor man darauf nicht geantwortet hat, geht das Gespräch nicht weiter.

Nach einer schier endlosen Transferfahrt vom Flughafen zu unserem Hotel wussten wir zwei Dinge: Erstens, dass es nicht die beste Entscheidung gewesen war, uns im äußersten Südwesten der Insel einzuquartieren (so schön die Halbinsel Le Morne auch ist) und zweitens legten wir den Gedanken an ein Mietauto ad acta. Mauritius ist rund 65 km lang und 47 km breit, also wären die Entfernungen nicht so schlimm. Was aber schlimm ist, ist das Verkehrsaufkommen, das zeitweise an die Südosttangente erinnert. Ein Ziel in der nördlichen Hälfte anzusteuern bedeutet an die zwei Stunden anstrengende Fahrt (Linksverkehr!). Wir mieteten uns als nervenschonende Alternative tageweise Taxis, was zwar bequem war, aber unsere Spontanität doch erheblich einschränkte. Wegen der langen Anfahrten mussten wir unsere Touren wesentlich mehr blocken als wir wollten. So wurden aus einer gemütlichen Woche, die wir für Besichtigungen reserviert hatten, vier intensive Ausflugstage.

Wichtigstes Ziel für mich war der Botanische Garten in Pamplemousse. Die Anlage bietet eine Menge schöner Winkel und Ecken, aber von der erhofften Blütenpracht war wenig zu sehen. Besonders enttäuscht war ich von der vielgerühmten Victoria regia, der Amazonas-Riesenseerose. Nur ein paar zerfressene schäbige Blätter dümpelten in dem Becken. Falsche Jahreszeit? Immerhin endet in Mauritius jetzt der Winter. Lustig fand ich die Attacke einer freilaufenden Gans auf Christian. Als er ans andere Ufer des Teichs flüchtete, schwamm sie ihm nach und ging erneut auf ihn los. Erst nach einem unfreundlichen Fußtritt, der sie einen Meter weit wegschleuderte, ließ sie laut schimpfend von ihm ab. Leider musste ich so lachen, dass ich gar kein Foto von der Szene geschossen habe.

Im Süden der Insel liegt der Tierpark La Vanille, der neben Hunderten von einheimischen Riesenschildkröten (sie werden hier aufgezogen und dann ausgewildert) und Krokodilen aus aller Welt auch mit seiner Bepflanzung fasziniert. Kroton, Dieffenbacchia und Dracaenen, zu Hause umhätschelte Zimmerpflanzen, wuchern hier fröhlich vor sich hin.

Neben dem Tourismus ist der Zuckerrohranbau ein wichtiger Wirtschaftszweig. In einer zu einem tollen Museum umgebauten Zuckerfabrik erfuhren wir allerhand Interessantes. Sieben Mal kann man eine Zuckerrohrpflanze beernten, dann müssen erneut Stücke in die Erde gelegt werden, aus denen neue Pflanzen wachsen. Ein Jahr lang dauert es, bis die Halme geschnitten werden können, und vor allem im Anfangsstadium müssen sie regelmäßig bewässert werden. Die Bestäubung erfolgt zwar prinzipiell durch den Wind, wir sahen aber auch Fotos, wie von Menschenhand nachgeholfen wird. Neben Zucker wird aus dem Zuckerrohr auch Rum hergestellt und wir haben natürlich beides verkostet (10 Zuckerarten, die tatsächlich völlig unterschiedlich schmecken!). Den Rum sogar in zwei Destillerien, die ihn auf verschiedene Weise produzieren. Einmal nach der Zuckergewinnung aus der restlichen Melasse (herber) und dann direkt aus dem Zuckerrohr (milder).

Und noch eine Produktion haben wir besucht: ein Weingut. Nur dass auf Mauritius keine Weintrauben wachsen. Der Großvater des jetzigen Besitzers begann mit getrockneten Trauben aus Südafrika, mit mäßigem Erfolg. Das Ziel des Engländers war es, den nur den Reichsten vorbehaltenen Wein (aus Frankreich) zu „demokratisieren“, sprich für alle erschwinglich zu machen. Der Vater stieg um auf Traubensaftkonzentrat, schickte seinen Sohn nach Dijon zum Önologiestudium und erwartete von ihm die Fortführung des Familienunternehmens. Der Sohn hatte jedoch eigene Ideen. Er experimentierte mit Lychees und schaffte es tatsächlich, daraus Wein zu keltern. Wir erwarteten uns nichts Großartiges, irgend so ein süßes Zeug halt. Aber Überraschung, das schmeckt wirklich nach Wein! Es gibt drei Sorten, einen leichten Weißwein,  einen Rosé (die Farbe kommt von den roten Schalen der Lychees) und einen süßeren Dessertwein, bei dem als einzigem ein wenig das Lycheearoma durchkommt. Am nächsten Tag fuhren wir an Lycheeplantagen vorbei und sahen, dass die Bäume komplett in Netze eingehüllt sind. Wegen der Fledermäuse, erklärte uns der Taxifahrer. Die Tiere stehen unter Naturschutz und dürfen nicht bekämpft werden, also wird die Ernte so geschützt. Lychees sind das teuerste Obst auf Mauritius, deshalb der Aufwand. Mangos werden auch gerne angeknabbert, aber bei diesen Früchten lohnen sich keine Netze.

Was war aus gärtnerischer Sicht noch bemerkenswert? Mir wurde zum ersten Mal klar, wie viele verschiedene Palmen es gibt. Neben Kokos- und Dattelpalmen sah ich viele Formen, die meisten einfach in die Wälder eingestreut. Braucht man als Mitteleuropäer fürs Urlaubsfeeling mehr als ein bisschen Sand und ein paar malerische Palmen? Die schönsten Pflanzen, falls man eine Reihung vornehmen möchte, waren für mich die Teesträucher rund um die Plantage Bois Chéri. Die Büsche bilden herrliche sattgrüne Flächen, ich finde sie noch beeindruckender als die allgegenwärtigen Zuckerrohrfelder. In der Markthalle von Port Louis habe ich völlig unbekannte Gemüsesorten gesehen (von den Gewürzen ganz zu schweigen). Oder weiß jemand, was Chou-Chou ist? Und wusstet ihr, dass es rote Ananas gibt?!

links: Palme ist nicht gleich Palme!
Mitte: Chou-Chou
rechts: rote Ananas

Unser Hotelstrand
Tee mit Palmen

Das Thema Ökologie wird immer wieder angesprochen und auf die Bemühungen hingewiesen. In den Zuckerfabriken wird aus dem Stroh Energie gewonnen, die Felder werden mit wiederaufbereitetem Wasser gegossen, die Lycheerückstände werden kompostiert und zur Düngung der Plantagen verwendet, die heimische Tierwelt wird gehegt und nachgezüchtet. Sicher, es ist nicht alles perfekt auf dieser Insel, aber ein bisschen was vom Paradies hat sie schon. Ach ja, und ich will eine Bougainvillea, Kübelpflanze hin oder her. Und zwar eine rote. So eine wie am Cap malheureux.

Eure Flora

Cap malheureux

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