Mulchen
Am Anfang tat ich das, was alle oder zumindest viele taten. Ich schüttete Rindenmulch zu den Sträuchern im Wegbeet, um mir das lästige Unkraut jäten zu ersparen. Endlich keine Arbeit mehr! Wenn ich es mir hätte leisten können, hätte ich alle Beete in Rindenmulch vergraben. Das war lange vor dem großen Umbau (siehe „Es war einmal… Fortsetzung„) und ich hatte eine Menge kahler Beete von meiner Mutter geerbt. Damals, als diese Praxis aufkam, gab es in den Gärtnereien nicht viel Auswahl und die ging, wollte man die Rinde zentimeterdick aufbringen, ins Geld. Später sprangen die Baumärkte und Supermärkte auf den Zug auf und boten billigere Säcke an. Ich griff zunächst begeistert zu, ließ aber bald die Finger von den tschechischen oder ungarischen Aufschriften, denn der Inhalt war meist weiß verpilzt und roch lange nicht so gut nach Wald wie die qualitativ besseren Sorten. Außerdem hatte ich bereits angefangen, mich mit ökologischem Gärtnern zu beschäftigen und war alarmiert von den Warnungen vor pestizidbehandelter Billigware. Der bereits ausgebrachte Rindenmulch verging mit der Zeit und ich jätete wieder Unkraut.
Erst als ich mit zunehmendem Alter meiner Kinder erneut begann, Beete anzulegen, fiel mir der Rindenmulch wieder ein. Die erste Neugestaltung erfuhr das heutige Kräuterbeet neben dem Haus, wo ich neben zwei prächtigen Schmetterlingsfliedern ein paar vereinzelte Stauden hineinpflanzte, das ganze Beet mulchte und mit einigen verstreuten Trittsteinen einen Weg anlegte. Es sah toll aus und benötigte zunächst kaum Pflege. Als nächstes entstand der Bauerngarten und ich bestreute die Wege dick mit Rindenmulch. Lange hielt die Pracht nicht, bereits nach einem Jahr wurde die Decke dünn und löchrig und Ackerwinde und Löwenzahn lugten hervor. Mittlerweile hatte ich auch gelesen, dass bei der Zersetzung der Rinde Gerbsäure entsteht, und schwor dem Rindenmulch ein für allemal ab. Nach langem Tüfteln kam ich auf die Idee, die Wege im Bauerngarten mit Stroh zu bedecken – billig, hübsch und effektiv. Ich lagerte einen monströsen 7 kg-Sack Stroh auf dem Dachboden ein und erneuere die Schicht jedes Jahr großzügig (trotzdem ist immer noch die Hälfte da).
Seit einigen Sommern bringe ich den Grasschnitt nicht mehr weg, sondern verteile ihn großzügig im Garten. Vorerst nur aus Faulheit, ich gestehe, ich wollte mir nur den Weg zur Biotonne ersparen. Zu Beginn verstreute ich, was zuviel für den Komposthaufen ist, in die Eiben und ins Wegbeet. Später mulchte ich gezielt die Himbeeren damit (mir kommt vor, dass wir seither mehr ernten), heuer habe ich begonnen, Gemüse- und Beerenbeet und das neue Feuerdornbeet großflächig damit zu mulchen. Da mir der Grasschnitt schon zu wenig wird, wandert auch kleingeschnippelter Staudenschnitt dazu. Mulch zieht Schnecken an, heißt es, aber diese Prognose schlage ich bedenkenlos in den Wind. Noch mehr Schnecken können gar nicht mehr kommen. Ich ignoriere auch die abschätzigen Blicke meiner Nachbarn, wenn ich „das Unkraut“ zwischen Erdbeeren und Mangold verteile. Das Wort „Mulchen“ kennen sie wahrscheinlich gar nicht und wenn, fällt es bei ihnen unter die Kategorie mittelalterlicher Hexenkunst oder satanischer Riten. Wia des ausschaut! Würden sie mich fragen, könnte ich sie trösten. Schon in einer Woche ist gut ein Drittel der Halme weg, die Regenwürmer ziehen das willkommene Futter in den Boden hinein. Ich bin jedes Mal fasziniert, wie schnell die Mulchdecke verschwindet.
Für die nächste Saison habe ich mir vorgenommen, noch viel mehr mit Mulch zu arbeiten. Er hält die Feuchtigkeit im Boden und wird an Ort und Stelle kompostiert, also nichts als Vorteile. Wenn ich selbst nicht genug Gras produziere, kann ich ja die Nachbarn fragen, ob sie mir ihr Schnittgut überlassen. Eigentlich sollten sie ja froh sein, wenn sie es nicht wegschleppen müssen. Dass ich meschugge bin, wissen sie eh schon. Ich müsste nur vorher fragen, was sie alles in ihren Rasen hineinstreuen. Schauen wir einmal…
Eure Flora
