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Durchhalten

Wenn die Tage kürzer werden, die Abende kühler und die Morgenstunden vom Tau triefen, wird es ungemütlich im Gartenhaus.

Ich bezeichne mein Haus immer als Vogelhaus, weil es drinnen in der Regel dieselbe Temperatur hat wie draußen. Null Isolierung, der Fliesenboden mangels Unterkellerung kalt, die Mauern um diese Jahreszeit feucht. Sobald ich die Tür öffnen kann, weil die Sonne auf die Terrasse scheint und ihre Strahlen auf meinen Schreibtischsessel schickt, ist alles gut. Ich bin ohnehin nicht von der erfrorenen Sorte. Den Rest des Tages heißt es – durchhalten.

Solange ich im Garten in Bewegung bin, ist mir nicht kalt. Der Herbst ist im Vergleich zum 30°-Juli die ideale Zeit für Gartenarbeit. Allerdings weder um sechs Uhr morgens noch um sechs Uhr abends, denn da ist es finster und ich bin gezwungen, mich im Haus aufzuhalten. Außerdem muss ich noch (!) im Homeoffice arbeiten (bis März, erst dann ist endgültig Schluss mit dem Arbeitsleben), d.h. täglich acht Stunden vor dem PC sitzen. Und da habe ich dann schon klamme Finger, von meinen frierenden Zehen ganz zu schweigen.

Ein Heizstrahler vermittelt eine Illusion von Wärme, wenn ich ihn direkt auf meine Füße richte. Wenn er die Warmluftzufuhr unterbricht, weil er zu überhitzen droht, ist es in der Sekunde so kalt wie zuvor. Mehrere Schichten Kleidung und eine Decke um die Beine gewickelt machen die Sache erträglicher, aber nicht erfreulicher. Ich bin sogar schon so weit gegangen, im Bett zu arbeiten, wo mir unter der Tuchent und mit dem wärmenden Laptop auf dem Schoß endlich warm war (die Finger waren trotzdem kalt, sonst hätte ich die Tastatur nicht bedienen können). Ein Vergleich mit Carl Spitzwegs „Der arme Poet“ drängt sich auf.

Eine heiße Dusche ist angenehm, aber leider muss man sich vorher ausziehen und irgendwann aus der dampfenden Duschkabine wieder herauskommen, worunter die Häufigkeit der Körperpflege ein wenig leidet. Wenigstens gibt es keine Gelsen mehr.

Carl Spitzweg - Der arme Poet

Dieselben Probleme habe ich auch im Frühjahr, wenn die Tage doch nicht so stabil sind, wie ich in meiner Ungeduld gedacht habe. Warum ich mir das antue, wo ich doch in der Wiener Innenstadt eine gemütliche beheizbare Wohnung besitze? Im April kann ich es nicht erwarten, meine Zelte im Garten aufzuschlagen, sobald zwei, drei zusammenhängend warme Tage angekündigt werden, packe ich meine Koffer und übersiedle in mein kleines Paradies. Es kann ja nur besser werden, tröste ich mich bei Wetterrückschlägen. Im Herbst ist dies nicht zu erwarten, aber da ist es das Festhalten am Sommer, an der Gartensaison, an der Freiheit, die mir mein Garten vermittelt. Bin ich erst einmal in der Wohnung, bleiben nur noch die Arbeitswochenenden im Garten und die Einwinterung des Hauses. Und so zögere ich diesen Schritt hinaus – nächstes Wochenende – nächsten Dienstag – vielleicht am Donnerstag – am Wochenende. Bis es gar nicht mehr geht, bis ich trotz drei Decken übereinander die Nächte durchbibbere. Dann reiße ich mich endlich los.

Eigentlich wollten wir dieses Wochenende übersiedeln, aber justament heute ist es traumhaft schön und fast sommerlich heiß, also warten wir noch ein bisschen. Am Mittwoch vielleicht – oder am Freitag – oder nächstes Wochenende…

Eure Flora

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