Es war einmal...
Unser Sohn ist vor einem Jahr in die eigene Wohnung gezogen, unsere Tochter verlässt uns im Laufe der kommenden Woche. Kein Wunder, dass ich zur Zeit ziemlich sentimental bin und mich ständig in Erinnerungen verliere. Nicht dass ich mich an meine Kinder klammere, sie sind trotz ihrer Jugend (20 und 18) erwachsen und selbständig und ich bin sehr stolz auf sie, dass sie ihr eigenes Leben beginnen wollen. Aber trotzdem… ein Kapitel schließt sich.
Unser Sohn ist ein Herbstkind und so lernte er den Garten erst kennen, als er schon sitzen konnte und mobil wurde. Er bekam ein Reisegitterbett und wir übersiedelten mit Sack und Pack ins Grüne. Der Sommer verlief problemlos, der Kleine war den ganzen Sommer über an der frischen Luft und konnte viel entdecken, Blumen, Blätter, Beeren, Erde, Holz, Vögel, Ameisen, Schnecken, alles war interessant. Im Haus und auf der Terrasse krabbelte er mir überall hinterher, ging ich jedoch in die Wiese, begann er zu heulen. Die kitzelnden Grashalme waren ihm nicht geheuer. Wenn ich ihm gut zuredete, setzte er vorsichtig Hände und Füße in das grüne Gewirr, aber immer so, dass eine Hand oder ein Fuß in der Luft schwebte, um nur ja nicht zu viel Kontakt mit der Natur zu bekommen. Es sah urkomisch aus. Erleichtert war er erst, wenn er sicher auf seiner Matte gelandet war.
Wir waren so glücklich im Garten, dass wir den Bau eines ganzjährig bewohnbaren Hauses planten. Mitten in der Planungsphase wurde ich wieder schwanger und das hieß umplanen. Am Ende ließen wir es. Zu klein, zu teuer, zu sehr am Stadtrand.
Im folgenden Frühjahr kam unsere Tochter zur Welt. Es war der denkwürdige Hitzesommer 2003, in den sie hineingeboren wurde. Als wir Mitte April vom Spital heimfuhren, war der Strampler schon zu warm und so blieb es bis in den September hinein. Mit Baby und Kleinkind in den Garten zu übersiedeln, trauten wir uns nicht zu und so pendelte ich tagtäglich hin und her. Es war eine intensive Zeit, voller schöner Momente, aber ziemlich anstrengend. In der Früh nach dem ersten Stillen der Tochter setzte ich die zwei ins Auto, die Kleine schon wieder schlafend und der Bruder noch nicht ganz aufgewacht, und los ging’s. Spätestens um acht Uhr mussten wir im Garten sein, denn dann war das zweite Stillen dran und Frühstückszeit für den Großen. Ab da hatte ich keine ruhige Minute mehr: Ball spielen, rund ums Haus gehen, wickeln, stillen, Planschbecken aufstellen, Sand spielen, kochen, füttern, Bilderbuch anschauen, mit der Rutschlok spazieren gehen, Sandkuchen bewundern, wickeln, stillen, Ball spielen… Wenn die zwei einmal gleichzeitig geschlafen haben, habe ich vor lauter Freude ein Foto von ihnen gemacht. Ich habe drei Bilder.
Um halb fünf begann meine Tochter zu brüllen. Stundenlang. Jeden Tag. Man konnte fast die Uhr nach ihr stellen. Wurden ihr nach dem aufregenden Tag die Eindrücke zu viel oder war es die Hitze, wir haben es nie herausgefunden. Nach dem Sommer hörte sie Gott sei Dank damit auf. Aber so hieß es Sachen packen und ab in die Wohnung, denn ihre Stimme war so kräftig, dass sie die ganze Gartenanlage beschallte. Das passte dem Großen nun gar nicht und nicht selten plärrten bei der Heimfahrt zwei Kinder.
Ich verzweifelte wegen des Gartens. Wochenlang hatten wir über 30° C und ich musste zusehen, wie meine Beete verdorrten. Zum Gießen hatte ich absolut keine Zeit und am Ende des Sommers war mein Garten eine Einöde, das Gras verbrannt, die meisten Pflanzen mit irreparablen Trockenschäden. Wenn wir schon nicht bauen, meinte mein Mann, sollte ich wenigstens meinen Traumgarten haben. Ohnehin war ich mit dem 60er-Jahre-Garten meiner Großmutter nicht sehr glücklich und so plante ich über den Winter die Neuanlage des Gartens.
Fortsetzung folgt
Eure Flora