Ewig unzufrieden
Als bei uns Anfang Dezember für ein paar Tage der totale Wintereinbruch herrschte, war das schön. Ich schoss Fotos von der weißen Schneedecke im Garten, wir tranken Glühwein im dichten Schneetreiben, die Pelzstiefelchen hatten ihre Berechtigung und ich war froh über die gefütterten Handschuhe, die ich von meiner Mutter geerbt habe. Wir hatten sogar Minusgrade, wie ich befriedigt feststellte. War es doch nicht unnötig gewesen, die Wasserleitung zu entleeren und die Pflanzen dick in Laub einzumummeln. Es gab schon Jahre, in denen das der Fall war. So aber begannen wir schon voreilig von weißen Weihnachten zu träumen.
Wie gesagt: für ein paar Tage. Dann wurde das Wetter wieder „mild“, in Wien sagt man auch „letschert“ dazu, was man am ehesten mit „schlaff“ übersetzen kann. Bei rund um 10° C tue ich mir persönlich schwer mit der Weihnachtsstimmung, nicht einmal der Punsch schmeckt mir dann. Mein Mann räumt die dicke Winterjacke, die er eh nicht leiden kann, gleich wieder in den Kasten und rennt mit Jeansjacke herum. Auf meiner Terrasse haben die Minzen völlig verwirrt angefangen auszutreiben. So blieb es die Feiertage über. Die Schanigärten in der Stadt haben Hochsaison, auch wenn sie über keine teuren Heizstrahler verfügen, eine dünne Decke auf dem Sessel tut es auch. Allerdings hatten wir als Draufgabe orkanartigen Wind, sodass ich mehrmals in den Garten schaute, ob mein alter Herr die Stürme heil überstanden hat. Hat er, ohne Blätter bieten seine Äste weniger Angriffsfläche und ächzen weniger unter dem Gewicht des Laubes. Nur eine Regentonne hat es quer durch den Garten gefetzt und die Gerätehütte wurde aufgerissen. Also halb so schlimm.
Trotzdem leiden wir unter den frühlingshaften Temperaturen und denken sehnsüchtig an die Winter unserer Kindheit zurück (ja, ja, ich weiß, die Statistiken sehen das gar nicht so klischeehaft, aber das lasse ich mir nicht ausreden). Was macht ein Adventspaziergang für einen Spaß, wenn eher Ostern vor der Tür zu stehen scheint? Werden wir demnächst Eis schleckend über den Christkindlmarkt schlendern? Auch mit unseren Schiurlauben hatten wir zuletzt mehrmals hintereinander Pech. Statt einer schneeglitzernden Winterlandschaft fanden wir lediglich ein künstliches weißes Band vor, auf dem wir zwar talwärts sausen konnten, aber rundherum war alles braun. Da uns die Winter zu Hause in den letzten Jahren enttäuscht haben, versuchen wir es heuer mit einer Flucht in den Süden. Zwei Wochen im Jänner verbringen wir auf den Kapverden. So sehr ich mich auf Sommer, Sonne, Strand und Meer freue, bin ich mir immer noch nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Wenn uns daheim schon die 10° C aufs Gemüt schlagen, werden wir dann bei 28° C nicht völlig trübsinnig? Oder ist es im Winter nur unsere frustrierte Erwartungshaltung, die uns zu schaffen macht? Auf den Inseln vor der afrikanischen Westküste wollen wir ja die Sommertemperaturen, also wird es hoffentlich ganz anders sein.
Plötzlich ist es wieder kälter geworden, ein trüber Schneeregen deckt langsam die Wiesen zu. Wir waren im Garten, um unsere Sommersachen für den Urlaub zu holen. Als wir ins Auto einstiegen, versicherten wir uns gegenseitig, wie froh wir wären, bei dem grauslichen Wetter gleich wieder in der Wohnung zu sein. Also was jetzt, spinnen wir total? Ich glaub, wir müssen etwas an unserer Einstellung ändern.
Eure Flora