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Ein bisschen Geschichte

Ich habe ja schon des öfteren erwähnt, dass ich mich nicht nur für Pflanzen interessiere, sondern auch alles mit Begeisterung lese, was mit Gärten, Gartenkunst und Gartengestaltung zu tun hat. Mit meiner lieben Gartenfreundin Silva teile ich nicht nur die Leidenschaft für Gärten, sondern auch für Bücher und sie versorgt mich zu jedem Anlass mit prächtigen Bänden aus dem Reich der Gartenkunst.

 

Einmal bekam ich einen Bildband über wenig bekannte englische Gärten. Allen gemeinsam sind zwei Tatsachen: Weder die Frage nach Platz noch nach Geld spielt eine Rolle bei der Gartengestaltung. Da wurde die Landschaft eingeebnet oder höhengestaffelt, riesige Teiche werden angelegt, Arboreten gepflanzt, Mauern aus riesigen Steinquadern gebaut, italienischen Vorbildern nachgeeifert… Mich frisst der Neid. Unter anderem wurde ein Barockgarten in Hertfordshire vorgestellt, eine Seltenheit in England, da die strenge Form auf der Insel zugunsten der bekannten Landschaftsgärten fast gänzlich verschwand. Der jetzige Besitzer des Anwesens „vermutet, dass“„der Garten mit 20 Hektar einfach zu klein war, um umgestaltet zu werden.“ (Heidi Howcroft, 2021) 20 Hektar! 200 000 Quadratmeter! Ein Küchengärtlein, wo sich der Aufwand wirklich nicht lohnt.

Neulich las ich über den Garten Vaux-le Vicomte, den Nicolas Fouquet, der Finanzminister Ludwigs XIV., rund um sein Jagdschlösschen anlegen ließ. Architekt war der damals noch gar nicht so berühmte André Le Nôtre und der Garten war ein Meisterwerk. Fouquet machte den Fehler, den Sonnenkönig zur Einweihung einzuladen und ihm mit Grotten, Kaskaden, einem feuerspeienden Walfisch und einem monumentalen Feuerwerk die ganze Pracht der Anlage zu präsentieren. Der König fühlte sich beschämt, ließ seinen Minister zwei Wochen später unter allerlei Vorwänden verhaften und nahm Le Nôtre unter Vertrag, der dann die Tuilerien und Versailles gestaltete. Fouquet starb im Gefängnis. Gott sei Dank beneidet mich niemand um meinen Garten.

Einen interessanten Satz fand ich in meinem letzten Geschenk, einer Geschichte der Gartenkunst, die im alten Ägypten begann (bis zu den Römern bin ich schon vorgedrungen). Auch bei den Assyrern finden sich bereits rund um Tempel und Gotteshäuser ausgedehnte Parks und blühende Gärten, die mit enormem Aufwand mit künstlichen Wasserstraßen angelegt wurden. „Wir begreifen, wie diese gewaltigen Herrscher ganze Völker, die sie in die Gefangenschaft führten, für ihre Werke aufbrauchten.“ (Marie Luise Gothein, 1926) Ganze Völker! Ich habe nicht einmal einen einzigen Gartensklaven zur Verfügung, der mir einen klitzekleinen Teich graben könnte. Dabei wäre ich mit Sicherheit ein wesentlich netterer Arbeitgeber als ein assyrischer König.

Lange Winterabende sind eine gute Gelegenheit, um die Vorstellungen von Gärten längst verstorbener Völker, Herrscher und Schlossherren Revue passieren zu lassen. Jede Zeit hatte ihre Mode und ihre eigenen Überlegungen, wie ein Garten auszusehen habe. Einmal liegt der Schwerpunkt auf dem Nutzgarten, dann wieder werden verschwenderisch Blumen gezüchtet, um Haus und Tempel damit zu schmücken, andere sehen die hohe Gartenkunst in exakt ausgerichteten Bäumen und Alleen. Fast immer spielte der Wunsch, Reichtum und Macht zu zeigen, eine Rolle, ebenso die Beherrschung der Natur. Ja, manche Zeit glaubte sogar, nur die künstliche Anlage offenbare die wahre Schönheit der Natur, während die Wildnis – eben nur Wildnis war.

Ich frage mich, was man in hundert Jahren über die Gartengestaltung in unserer Zeit schreiben wird. Vielleicht forscht irgend jemand über mich und meinen Garten?

Eure Flora

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