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Ein Garten für Tiere

Ich lese nicht nur Gartenzeitschriften, wo immer ich sie in die Finger bekomme, aus der Bücherei geht auch immer wieder ein Gartenbuch mit. Klarerweise stechen mir Titel wie „Ein Garten für Insekten“ mehr ins Auge als „Der perfekte Rasen“. Die meisten Tipps für einen naturnahen Garten kenne ich zwar schon und setze sie auch fleißig um, aber es ist höchst befriedigend, wenn man liest, dass man zu den Guten gehört, die die Welt retten. Der Mensch ist halt eitel und ich bin da keine Ausnahme.

Neulich las ich ein Buch über den Rückgang der Tierarten in unserer (Mono-)Kulturlandschaft und wie wichtig die Rolle der privaten Gärten ist, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Mit erschreckenden Zahlen zeigt die Autorin auf, dass sowohl die Artenvielfalt insgesamt als auch die Anzahl der Vögel, Insekten und Wirbellosen innerhalb ihrer Art durch die moderne Landwirtschaft dramatisch schrumpfen. Die Zahlen stammen zwar aus Deutschland, aber in Österreich wird es wohl nicht anders ausschauen. Der Spatz etwa, in meiner Kindheit ein scharenweise vorkommender Allerweltsvogel, zählt bereits zu den gefährdeten Arten.

Die Autorin schlägt eine Reihe von Maßnahmen für private Gärtner vor: Verzicht auf Pestizide aller Art, Düngen mit Kompost und organischen Produkten, Pflanzung von naturnahen Hecken und Wildblumen, Schaffung von Rückzugsorten und Nistplätzen für Vögel, Insekten, Igel und Co. Im Prinzip rennt sie damit bei mir offene Türen ein, meine Gartengestaltung geht genau in diese Richtung. Miniteiche, Holzstapel, Steinhaufen, Ohrwurmtöpfe, Igelhaus, Beerensträucher, Kompost, Gründüngung und Herbstlaub, das liegenbleibt, ich denke, bei mir kann sich die Tierwelt wohlfühlen. Dass heuer Erdkröten in meinem Garten eingezogen sind, ist ein schöner Beweis dafür.

Allerdings stellt die Autorin im Laufe des Textes Forderungen auf, die mir zu radikal sind: weg mit dem Zierrasen, weg mit Wegen und Terrassen, weg mit hübschen Blumenbeeten, her mit Brennesseln, Blumenwiesen und Dornenhecken. Sie schlägt allen Ernstes vor, Wege und Terrassen in Stücke zu hauen und die entstandenen Fugen mit Insektenpflanzen zu füllen. Zweifellos wäre es für meine körperliche Fitness förderlich, müsste ich bei jedem Schritt über 40 cm hohe Karthäusernelken steigen oder würde, dem Tempelhüpfen meiner Kindheit gleich, bienenübersäten Thymianpolstern ausweichen. Ob es meine Gäste spannend finden, wenn es unter dem Tisch bei ihren Waden summt und brummt, sei dahingestellt. Auch wenn ich ein paar Quadratmeter meiner Wiese in eine Blumenwiese umwandeln möchte und fleißig Samen sammle und dort ausstreue, möchte ich doch die grüne Fläche nicht missen, durch die die bunten Blumenbeete erst so schön zur Geltung kommen. Und ich werde weiterhin jede Distel ausstechen und den Löwenzahn in Schach halten. Weißdorn und Berberitze mögen perfekte Vogelquartiere sein, aber irgendjemand (also ich) muss das Dornengestrüpp pflegen und mir reichen meine zwei Feuerdorne und meine Rosen. Die Berberitze im Bauerngarten ist mir schon lang ein Dorn im Auge (und viele Dornen in den Fingern) und wird wahrscheinlich im Frühjahr weichen müssen.

Ich fürchte, der durchaus gute und wichtige Ansatz für mehr Natur in unseren Gärten wirkt in dieser dogmatischen Vehemenz eher abschreckend. Ein Garten spiegelt die Persönlichkeit seines Besitzers wider. Mein Garten ist (wie ich) bunt und vielseitig, in seinen Grundrissen klar strukturiert, aber nicht bis ins kleinste Detail durchorganisiert und hat immer ein Plätzchen für Unvorhergesehenes bereit (wie zum Beispiel die gerettete Schneeforsythie). Meine Liebe zur Natur geht weit, muss sich aber meinem Geschmack unterordnen. Ich würde nie etwas pflanzen, was ausschließlich eine Biene entzückt, mir muss die Blüte schon auch gefallen. Und wenn mein Herz an einer gefüllten Rose hängt, müssen sich die Insekten halt was Anderes suchen, ist ja genug da. Die Schneeballhortensie lockt keine Bienen an, die hohe Katzenminze daneben schon. Ich finde beide Blüten schön und prächtig und als Duo sind sie unschlagbar. Wie immer macht es die Mischung aus, der Kompromiss, der goldene Mittelweg. Purer Fanatismus hat noch nie zu einem guten Ergebnis geführt. Ich möchte keinen Garten für Tiere. Ich möchte einen Garten für mich und für Tiere.

Eure Flora

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