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Einbrecher

In den 60er Jahren war von „ganzjährig wohnen“ noch keine Rede, die Leute wohnten den Sommer über in ihren kleinen Häuschen (so wie meines immer noch eines ist) und übersiedelten im Herbst zurück in ihre Wohnungen. Nur ein paar Unentwegte oder Aufmüpfige verbrachten auch die Wintermonate (verbotenerweise) im Garten und heizten (noch verbotener!) ihre Häuschen mit Holz, wie der Nachbarschaftstratsch alljährlich berichtete.

Die Wintermonate waren daher von einer ständigen Sorge vor Einbrüchen in der fast menschenleeren Siedlung beherrscht und einmal in der Woche, immer am Samstag Vormittag, fuhren wir in den Garten „nachschauen“. Nicht, dass es großartig etwas zum Stehlen gegeben hätte, wir übersiedelten ja so gut wie alles hin und her. Nicht nur die Kleidung, auch für doppelte Geschirrausstattung wollten meine sparsamen Eltern kein Geld ausgeben und so wanderten Töpfe, Pfannen, Mixer und Kaffeemühle mit uns mit. Aber es bestand doch immer wieder die Gefahr von „Sandlern“, die sich in der kalten Jahreszeit in den Gartenhütten einnisteten und sie ziemlich verwüsteten.

Auch im Sommer wurde das Gartentor jeden Abend zugesperrt, was ich schon als Kind nicht verstanden habe. Denn ich kletterte ständig über das Tor, wenn mir fad war. Besonders gut erinnere ich mich noch an den „Fall Dostal“, als ein Mörder auf seiner tagelangen Flucht im Raum Wien/NÖ in Häuser einbrach und ein Ehepaar erschossen hat. In den Nachrichten wurde die Bevölkerung zu erhöhter Vorsicht aufgerufen, was meine überängstliche Mutter entsetzlich aufregte. Sie gab nicht eher Ruhe, bis mein Vater die eiserne Gittertür, die im Winter das Haus sicherte, aus dem Keller holte und einhängte. In dieser Nacht hatte ich große Angst, der Verbrecher könnte bereits in unserem Garten stehen. Einen Tag später wurde er erschossen und die Gittertür wanderte wieder in den Keller.

Die Gittertür war mit einem Vorhängeschloss versehen, das in dem morschen Türrahmen verankert war. Einem kräftigen Tritt hätte es sicher nicht standgehalten und so ließ ich sie nach ein oder zwei Jahren, nachdem ich den Garten übernommen hatte, im Winter weg. Außerdem gab es damals schon eine Reihe „richtiger“ Häuser und ich nahm an, dass Einbrecher eher dort als in meinem Knusperhäuschen nach Beute suchen würden. Durch die ganzjährigen Bewohner boten die Häuser auch kein ungestörtes Winterquartier mehr. Das Gartentor habe ich nur einen Sommer lang zugesperrt, als meine eigensinnige Tochter tagtäglich auf Entdeckungsreise ging (bei meinem Sohn hatte ich das nie gebraucht).

Wenn es sehr heiß ist, sind nachts die Fenster offen, um ein bisschen Luftzug ins Haus zu holen. Seit wir die neuen Fenster haben (die alten waren Kippfenster mit Fenstergittern), könnte jeder, der das wollte, bei uns einsteigen (was aber höchst unwahrscheinlich ist, da wir praktisch vor den Fenstern im Bett liegen). Manchmal lässt mein Mann unabsichtlich die ganze Nacht die Haustür offen, weil er sich bei angenehmer Kühle ins Bett gelegt hat und eingeschlafen ist. Oder er macht sie um drei Uhr in der Früh absichtlich auf, wenn es im Haus zu stickig ist und er sich schlaflos im Bett wälzt. „Uns tragt schon keiner davon“, meint er dann lakonisch.

Seit neuestem achte ich jedoch sehr darauf, dass die Haustür geschlossen ist. Grund dafür ist nicht die Angst vor bösen Menschen, sondern die Zutraulichkeit eines Fuchses, der unsere Gartenanlage zu seinem Revier auserkoren hat. Ohne jede Scheu spaziert er durch die Gärten und verschleppt mit Vorliebe Schuhe (und zwar nur die aus Leder). Meinem Mann hat er ein Paar teure Schlapfen zerbissen, die Christian auf der Terrasse gelassen hatte. Eines Morgens, ich lag noch im Bett, hatte aber die Haustür geöffnet, um die kühle Morgenluft zu genießen, stand der Fuchs mit neugierigen Augen auf der Schwelle und war drauf und dran, sich im Haus umzusehen. „Kscht“, verscheuchte ich ihn erschrocken. Denn auch wenn ich es toll finde, dass sich Wildtiere bei uns wohlfühlen – das geht dann doch zu weit.

Eure Flora

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