Hand in Hand
Die letzte Woche bin ich ganz entspannt angegangen, außer einmal mit dem Rasenmäher durch den Garten stand nur ein wenig Geschnippel hier und da auf dem Programm. Das angekündigte Projekt hat sich zerschlagen. Mein Mann wollte einen neuen Griller und der alte sollte als Reminiszenz hübsch bepflanzt im Garten verbleiben, schließlich hat es aber doch ein neuer Grillrost auch getan. Die meiste Zeit habe ich auf der Liege verbracht und in alten Gartenzeitschriften geblättert. Dabei habe ich immer wieder gelesen, wie wichtig eine sorgfältige Planung für die Gestaltung eines Beets ist. Pflanzpartner sollen mit Bedacht auf Farbe, Blütenform, Blattstruktur, Blühzeit, Duft, Höhe, Breite, Standortbedürfnisse, Wasserbedarf, Ausbreitungsdrang… ausgewählt werden. Mpff! Ich begann mich in meinen Beeten umzusehen.
Eine exakte Planung funktioniert bei mir nie exakt, meine Methode ist eher „Versuch und Irrtum“. Entweder wachsen die Pflanzen nicht in der Höhe, die auf dem Schild steht oder sie blühen zu einem anderen Zeitpunkt oder sie sind doch nicht so wuchsfreudig wie versprochen. Manchmal sind sie auch falsch etikettiert und blühen in einer anderen Farbe. Oder sie erweisen sich als durstige Gesellen, obwohl sie eigentlich trockenresistent sind wie Perlkörbchen und Rudbeckien, die ich täglich wässern muss, wenn ich im Juli auch noch etwas von ihnen haben will. Wie oft ich vergeblich Kokardenblumen gesetzt habe, in die Sonne in ein nährstoffreiches Beet, wie sie es angeblich mögen – nur um an kümmerlichen, unansehnlichen, weil langhaxigen, wenig standhaften Blüten zu verzweifeln. In der Regel war das Trauerspiel im nächsten Jahr ohnehin von selbst vorbei. Seit drei Jahren hat sich im Wiesenweg neben dem Schattenbeet, unter der Blutpflaume im tiefsten, trockensten Schatten (!), woher auch immer eine Kokardenblume angesiedelt. Mehrfach habe ich versucht, sie dort auszugraben und in ein Beet zu locken, wo sie prompt binnen kurzem das Zeitliche gesegnet hat. Dafür war sie im nächsten Frühjahr unter der Blutpflaume wieder da. Heuer habe ich ihr ihren Willen gelassen, turne mit dem Rasenmäher um sie herum und sie steht da wie eine Hochglanzwerbung für ihre Art.
Manchmal scheitert eine harmonische Auswahl auch einfach am falschen Zeitpunkt. Spontankäufe, wie etwa meine Persische Rose im Urlaub, wollen möglichst schnell untergebracht werden und eine Ecke im Staudenbeet bot sich als perfekter Platz an. Erst im nächsten Frühjahr dämmerte mir, dass die zartrosa Prinzessin genau zur Vollblüte des knallroten Türkischen Mohns zu blühen beginnt. Eine etwas dissonante Zusammenstellung, muss ich zugeben. Aber weder will ich die bereits eingewachsene Rose umsetzen noch den Mohn zerstören. Das ungleiche Paar muss sich also zwei, drei Wochen miteinander abfinden, dann bestimmt die Prinzessin alleine das Bild.
Meist denke ich aber schon im Vorhinein nach, wie ich meine Lücken am passendsten füllen kann. Wenn sich die Pflanzen dann nicht an meine Vorstellungen halten, kann man das meiste immer noch umsetzen (außer die Pfahlwurzeln vom Türkischen Mohn). Im Laufe der Jahre bin ich flexibler geworden und finde es eher spannend, wenn meine Lieblinge NICHT das machen, was ich von ihnen erwarte. So entstehen oft unerwartete Bilder. Ich bin mit der Kamera durch den Garten gelaufen und habe eine Menge toller Kombinationen gefunden:
Ich hoffe, ihr stimmt mir zu, dass sich da schon einige attraktive Paare gefunden haben. Manche habe ich gar nicht verkuppelt, etwa das Mutterkraut, das ständig irgendwo im Garten kommt und geht. Die kleinen weißen Blüten passen sich aber an jeden Nachbarn an, sei es durch einen kräftigen Kontrast wie mit dem Weinlaub oder durch eine zierliche Liaison wie mit den Akeleien. Immer bunter und hübscher wird die Blumenwiese. Manche Stauden wie die Wegwarte, der Natternkopf oder die Färberkamille, die ich unbedingt drin haben will, husten mir etwas und vergehen, kaum dass ich sie eingesetzt habe. Oder sie brauchen einfach zwei, drei Jahre wie die Margeriten, die heuer erstmals die Szene beherrschen. Ein Wollziest, von dem ich gar nicht weiß, wo er herkommt, schwingt sich sogar zu einer Blüte auf (in den Beeten erwische ich ständig nichtblühende Sorten!).
Im Laufe des Sommers bilden sich gewiss noch mehr großartige Gemeinschaften, an die ich jetzt noch gar nicht denke. Mein Favorit für diesen Sommer steht aber bereits fest und ich hoffe, dass diese zauberhafte Verbindung noch lange anhält: Mein eigenes kleines Sissinghurst!
Eure Flora
PS: Mein Mann hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass er den letzten Satz über Sissinghurst nicht verstanden hat. Na ja, für Garteninteressierte ist das ein Insider-Schmäh. Sissinghurst Castle, der berühmte Garten der ebenso berühmten Schriftstellerin und Gartengestalterin Vita Sackville-West, ist bekannt für seinen „Weißen Garten“.