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Fertig???

Schon in meinem Beitrag Vollgas! habe ich anklingen lassen, dass ich mit meinem Garten dieses Jahr rundum zufrieden bin. Es ist ein ungewohntes Gefühl, das ich seit dem großen Umbau 2004 (siehe „Es war einmal… Fortsetzung„) nicht mehr hatte. Am liebsten sitze ich derzeit auf meinem Sitzplatz neben dem Brunnen und betrachte mein kleines Reich. So schön haben sich die Pflanzen zusammengewachsen, alles fügt sich harmonisch ineinander. Kaum mehr ein Fleckchen nackte Erde, das die Fantasie anregt, und wo im Frühjahr noch eines war, habe ich Sommerastern, Schmuckkörbchen, Feldrittersporn und Mohn eingestreut.

„Willst du heuer gar nicht zum Sarastro fahren?“, fragte mich mein Mann neulich, als wir unsere Pläne für den Sommer besprachen. „Nö, ich brauch nix.“ Er startete einen zweiten Versuch: „Aber wenn wir von München heimfahren, fahren wir doch praktisch vorbei.“ „Na ja, vielleicht.“ Christian sah mich mit diesem „Wer sind Sie und was haben Sie mit meiner Frau gemacht?“-Blick an, sah er doch vor seinem geistigen Auge übervolle Kofferräume (siehe „57 neue Freunde“ und „Die Gärtnereientour 2022„). Ich kann es ja selbst kaum glauben, aber ich bin pflanzmüde.

Das liegt nicht nur daran, dass ich in meine 352 m² kaum mehr etwas hineinquetschen kann. Erstmals stoße ich auch mit der Pflege meiner vielen Bereiche an meine Grenzen. Entgegen meiner Erwartung wird es nämlich nicht leichter, je mehr Pflanzen man hat. Eine geschlossene Pflanzendecke, die jeden Unkrautwuchs unterdrückt und somit die Arbeit erleichtert, ist ein Märchen aus Gartenzeitschriften. Das Unkraut hält zäh an seiner Existenz fest und schummelt sich in den dichtesten Staudenpolster. Konnte ich früher in wenigen Minuten fröhlich durchharken, ist es jetzt eine mühselige, stundenlange Kleinarbeit, unerwünschte Beikräuter herauszufummeln, ohne meine Lieblinge zu zerzausen. Abgesehen davon, dass ich dabei wie eine Balletttänzerin im Spitzentanz herumturnen muss, um nur ja nichts zu zertreten. Im Gemüsebeet ist es am schlimmsten, denn in meinem Drang, jeden Quadratzentimeter auszunutzen, habe ich völlig vergessen, dass ich zwischen dem Mangold und den Kartoffeln auch noch irgendwo stehen muss.

War ich früher mit dem ganzen Garten in einem Wochenende durch, schaffe ich jetzt höchstens zwei Beete an einem Tag, meist nur eines. Bis ich das letzte Beet gejätet habe, kann ich mit dem ersten schon wieder anfangen. Dazwischen das lästige Gras mähen, die einzige Gartenarbeit, die ich wirklich nicht gern mache, wobei ich mittlerweile dazu übergegangen bin, alles, was der Rasenmäher nicht erwischt, stehenzulassen und nicht mit der Grasschere nachzuarbeiten. Die Beetkanten gehörten auch schon wieder bereinigt, die Fugen gesäubert (Kuckuckslichtnelke und Dreimasterblume dürfen bleiben, aber Unkraut nicht), der Löwenzahn ausgestochen (ganz krieg ich ihn eh nicht weg), gießen, düngen, die Rosen mit Schachtelhalm, den Beinwell mit Milch besprühen, Verblühtes abschneiden, die Eibenhecke in Form halten (was auch schwieriger geworden ist, seit ich davor das Präriebeet und die Blumenwiese angelegt habe), Wege und Terrasse kehren… Auch wenn ich jede Tätigkeit im Garten hartnäckig nicht als Arbeit, sondern als Hobby bezeichne, reicht es mir manchmal.

Es ist auch ein Irrglaube, dass ein Naturgarten weniger Pflegeaufwand bedeutet. Die Grenze zwischen einem naturbelassenen Garten und einer Wildnis ist dünn und muss ständig bewacht werden. Auch ein Kräuterrasen muss regelmäßig gemäht werden, will man eine begehbare grüne Fläche haben, die Blumenwiese zwar nur zweimal im Jahr, aber dafür von Hand mit der Sichel. Ja, manches darf bunt durcheinanderwachsen. Aber auch unter den Wildstauden gibt es zart besaitete, die man vor aufdringlichen Nachbarn behüten muss, oder so ungestüme, dass sie rechtzeitig geschnitten werden müssen, um nicht den ganzen Garten zu übernehmen (oder wie die Disteln, überhaupt entfernt). Unkraut bleibt Unkraut, egal wie man es benennt, und muss daran gehindert werden, die Kulturpflanzen zu überwuchern. Eine Umrandung aus Haselnussstöcken ist zwar hübscher, aber weniger lang haltbar als eine Betonkante, also muss ich schon beim Schnitt der Sträucher darauf achten, entsprechende Hölzer auszusortieren, denn alle paar Jahre brauche ich sie wieder. Schnecken abzusammeln und wegzutragen ist ökologischer, braucht aber sehr viel mehr Zeit als Schneckenkorn auszustreuen. Je achtsamer ich mit meiner kleinen Umwelt werde, desto mehr Aufwand bedeutet es.

Will ich es denn anders haben? Nein, keinesfalls. Ich finde Schicki-Micki-Gärten, in denen Samstag vormittags der Rasen gemäht und zweimal im Jahr die Hecke getrimmt wird, und in denen der Einfachheit halber nichts blüht, was „Mist“ machen könnte, einfach nur gräßlich und langweilig. Wieviel spannender ist ein Rundgang durch meinen Garten, nachschauen, ob der kleine Hibiskussetzling heuer erstmals blüht, ob sich die Margeriten in der Blumenwiese durchsetzen, ob der Mexikanische Salbei vielleicht einen zweiten Trieb bekommen hat, wie viele Röhrchen im neuen Insektenhotel bereits besiedelt sind… Es gibt täglich was zu entdecken. Und wenn es nur etwas ist, was ich dringend tun muss…

Eure Flora

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Silva

    Unkraut ist eine Pflanze an einem (dem Menschen) unerwünschten Platz…
    (Zitat nach – weiß es nicht mehr)
    S.

    1. Flora

      Wie wäre es mit Mark Twain? „Unkraut ist alles, was nach dem Jäten wieder wächst.“

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