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Ist das giftig?

Als mein Sohn auf die Welt kam, verlangte meine Mutter allen Ernstes von mir, meine 13 Meter lange Eibenhecke zu entfernen, weil sie gelesen hatte, dass Eiben giftig sind. Ich hatte zwar schon die Maiglöckchen gerodet und schweren Herzens meinen prächtigen blauen Eisenhut kompostiert, aber meine Eiben kamen nicht in Frage. Zehn Jahre hatte es gedauert, bis die langsam wachsenden Eiben meinen Garten endlich zum Weg hin abschirmten und sie jetzt umzusägen, war ein Ding der Unmöglichkeit. „Ich werde ihm sagen, dass Eiben giftig sind und dass er da nicht hingehen darf“, beschloss ich trotz aller düsteren Vorahnungen meiner Mutter.

Und so geschah es auch. Meine Kinder lernten vom ersten Lebenstag an einige Verhaltensregeln im Garten. Im Vergleich zu anderen Dingen, die ich im Laufe meiner Erziehung erreichen wollte, gab es damit kaum Schwierigkeiten. Ich denke, es lag an der unerbittlichen Art, wie ich die Regeln mantraartig wiederholte, dass sich so gut wie niemals Widerstand regte. Im Einzelnen ging es um folgende Punkte:

    • Eiben sind giftig und dürfen nicht berührt werden. Wenn der Ball hineinfällt, ruft man Mama oder Papa.
    • Rosen sind „aua“. Diese Regel habe nicht ich aufgestellt, sondern meine Kinder nach dem ersten Kontakt.
    • Man darf nicht in Beete hineintrampeln, auch nicht, wenn der Ball hineingefallen ist (dann wird Mama geholt, für Papa gilt das Betretungsverbot auch).
    • Pflanzen sind Freunde, denen man nicht die Köpfe oder sonst was abreißt.
    • Man brüllt nicht herum, wenn ein Vogel in der Nähe ist.
    • Man zermatscht nicht mutwillig Käfer, Spinnen oder Feuerwanzen. Dass Schnecken eine Ausnahme von dieser allgemeinen Tierliebe sind, habe ich jahrelang vor meinen Kindern verborgen gehalten und sie nur im Morgengrauen beseitigt.
    • Man darf nur Beeren essen, die Mama erlaubt hat. Ein einziges Mal hielt sich meine Kamikaze-Tochter nicht daran und naschte eine (giftige) Kermesbeere. Mein wesentlich vorsichtigerer Sohn sauste blitzartig zu mir und petzte in wilder Panik. Ein sofortiger Anruf in der Vergiftungszentrale beruhigte mich: Schlimmstenfalls würde ihr ein bisschen schlecht werden, aber wahrscheinlich hätte sie die bittere Beere ohnehin gleich ausgespuckt.
    • Man darf auf der Terrasse nicht mit Wasser herumspritzen. Ha ha!, diese Regel war ein netter Versuch, hatte jedoch auf unser Zusammenleben keine weiteren Auswirkungen.
    • Und zu guter Letzt gab es noch ein Dogma, dass offensichtlich so ernst und unverrückbar war, dass es der erste ganze Satz war, den mein Sohn sagen konnte: „Der Sand bleibt in der Kiste.“

Eure Flora

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