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Wasser marsch!

Seit ich den Garten habe, ist das alljährliche Ab- und Aufdrehen des Wassers eine lästige Notwendigkeit. Zwar hätte es vor vielen Jahren für alle Gärten in der Anlage die Möglichkeit gegeben, eine frostsichere Wasserleitung verlegen zu lassen, da mein Haus aber alles andere als frostsicher ist, stellte sich diese Frage für mich nicht und ich lehnte dankend ab. Mein „Winterwasser“ geht also nur bis zum Schacht beim Gartentor.

Mein Mann ist alles, nur kein Handwerker. Trotzdem blieb ihm nichts übrig, mein Vater zeigte ihm alle notwendigen Arbeiten und Christian legte los. Darüber, dass er beim Entleeren der Leitung jeden Herbst das Haus flutete, weil er wieder irgendwo vergessen hatte, einen Hahn oder ein Ventil vorher zu schließen, sah ich großzügig hinweg. Das Wochenende war stimmungsmäßig ohnehin im Eimer, weil er es so sehr hasste, in der klammen Oktoberkälte mit dem Wasser zu hantieren. Außerdem war er von der Aufgabe heillos überfordert und davon überzeugt, dass er sowieso alles falsch machen würde. Mein Vater war davon noch viel mehr überzeugt, war aber viel zu höflich, den Schwiegersohn mit dieser Geringschätzung seiner Fähigkeiten zu konfrontieren. Er ging heimlich nachschauen. Nun hatte mein armer Mann tatsächlich keine Ahnung, welches Ventil warum offen oder zu sein sollte und was das für Auswirkungen hatte, folgte stur und ausschließlich einem Wasserabdrehplan, den er sich nach den Anweisungen meines Vaters und den guten Ratschlägen seiner Kollegen und Freunde zurechtgebastelt hatte. Mein Vater, gelernter Heizungstechniker, sah das eher von der fachmännischen Seite und drehte die Hähne nach anderen Kriterien auf und zu. Er wusste ja, was er machte, und im Frühjahr würde er halt alles vorher kontrollieren.

Christian kontrollierte natürlich nichts im Frühjahr. Er vertraute darauf, dass alles so war, wie er es im Herbst hinterlassen hatte. Warmwasserspeicher, Dusche, Waschmuschel, WC, Abwasch, Geschirrspüler. Sechs Möglichkeiten, wo es rausspritzen konnte, dazu noch die Abflüsse. Es gab kein Jahr ohne Überschwemmung. Meine Aufgabe war es, im Schacht neben dem Wasserhahn auszuharren und auf das Gebrüll meines Mannes zu reagieren. „Dreh auf!“ und zehn Sekunden später „Dreh ab!“ Dann kam er fluchend aus dem Haus: „Dein Vater hat schon wieder…!“ Ich habe nie herausgefunden, ob mein Vater tatsächlich „nachgebessert“ hatte oder ob sich mein Mann schlecht erinnerte. Sicherheitshalber schob ich es auf meinen abwesenden Vater, denn den tobenden tropfnassen Christian traute ich mich keinesfalls zu kritisieren. Mein Nachbar freute sich Jahr für Jahr auf das Spektakel, er amüsierte sich prächtig.

Wenn dann alle Öffnungen im Haus richtig auf- und zugedreht waren, kam erst der schwierige Teil: Irgendwo tropfte es aus den alten Rohren immer. Oder spritzte, je nach Schaden. Meist war es nur eine Dichtung, die über den Winter zerbröselt war. Aber mit unzulänglichem Werkzeug, mangelndem handwerklichen Geschick und keinerlei Verständnis für das Installateurwesen wird so eine Dichtung zu einer echten Herausforderung. Christian fuhr also in den Baumarkt, um eine neue Dichtung zu kaufen. Also mehrmals, denn auf Anhieb passte das Teil nie, nicht einmal, wenn er ein Muster mithatte. In einem Wochenende war das leidige Wasseraufdrehen nie erledigt, in der Regel dauerte es zwei bis drei Wochen, bis wir endlich gefahrlos das Haus benutzen konnten. „Das Wasser“ schwebte die ganze Zeit wie ein Damoklesschwert über uns und der Haussegen hing schief. Freunde rückten helfend aus, in einigen Jahren brauchten wir auch den Installateur und die Gartenversicherung zahlte sich mehr als ein Mal aus.

Als ich nach der Karenzzeit wieder arbeiten ging und wir nicht mehr an allen Ecken und Enden sparen mussten, löste ich ein Versprechen ein, das ich meinem Mann gegeben hatte: Im Herbst und im Frühjahr bestellte ich den Installateur und ließ die Profis werken. Unsere Freunde erklärten uns für verrückt („Das kann man doch selber machen!“), auch die Arbeiter machten mich darauf aufmerksam, dass das eigentlich Geldverschwendung sei, aber das war mir egal. Die schrecklichen Erinnerungen überwogen. Schlagartig war unser Gartenleben bedeutend entspannter.

Mittlerweile haben wir im Freundeskreis einen Installateurmeister, der die Sache in die Hand nimmt. Als einzige Entlohnung akzeptiert er eine Einladung zum Essen. Denn als Koch ist mein Mann ein Meister.

Eure Flora

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