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Das ist kein rekordverdächtiges Sportergebnis, sondern die Arbeitsaufteilung zwischen meinem Mann und mir auf unserem Gartengrundstück. Er kümmert sich um das 25 m²-Haus, ich um die restliche Gartenfläche. Die Grenze ist nicht unverrückbar, einmal putze ich die Fenster, dann schnippelt er Schnittgut für den Kompost, aber im Großen und Ganzen bleibt jeder bei seinen Aufgaben.
Hin und wieder, wenn ich mich in den Beeten abplage, während er auf der Liege vor sich hindöst, ärgert mich das. „Du könntest mir ruhig helfen!“, schnauze ich ihn dann an. Unsanft aus seinem Halbschlaf gerissen, fragt er nur verwirrt: „Was brauchst denn?“, was mich noch mehr aufbringt. Er müsste doch sehen, dass der Unkrautstecher außerhalb meiner Reichweite liegt, während ich verbogen wie bei Twister (ein Gesellschaftsspiel für Bewegungskünstler, falls es jemandem nicht geläufig ist) mitten im Staudenbeet in der prallen Sonne stehe. Das sieht er natürlich nicht, er sieht nicht einmal den Unkrautstecher und mault als letzte Verteidigung trotzig: „Der Garten ist deins, ich mach nix im Garten, das ist so ausgemacht.“ Spätestens dann muss ich lachen. Er hat ja recht, ich hätte mir den Unkrautstecher gleich in den Kübel legen können. Wenn er kocht, passe ich auch nicht auf, ob er das Messer aus der Lade braucht und mit seinen fettigen Fingern grad nicht hingreifen kann. Schon sind wir wieder versöhnt.
Meistens beneide ich ihn nicht um seine 25 m². Sobald eine Zeitung herumliegt oder ein T-Shirt über dem Sessel hängt, sieht das winzige Haus unordentlich aus. Er ist daher ständig am Wegräumen. Vor allem der Küchenbereich ist kaum ansehnlich zu halten, jedes Kaffeehäferl, das nicht mehr in den Geschirrspüler passt, ist ein Störfaktor. Die Mülltrennung beansprucht eine Menge Platz. Küchenabfälle werden in einem großen Schaff gesammelt und kommen bei Gelegenheit in den Kompost, Plastik und Metall hängen in einem Müllbeutel an der Wand (der schon mehrmals zu schwer wurde und mitsamt dem Haken scheppernd auf den Fliesenboden gefallen ist, natürlich immer mitten in der Nacht), die Altpapierkiste wird gekrönt von einer Tragetasche mit Flaschen (die man immer aufheben muss, wenn man Papier zu entsorgen hat) und der Restmüll steht in einer Papiertasche stets im Weg.
Egal wie oft Christian kehrt, saugt oder aufwäscht, der Boden ist staubig. Meine Nachbarin kann das gar nicht verstehen, ihr Haus ist immer sauber. Sie hat Gartenschlapfen und Hausschlapfen und an der Terrassentür wird gewechselt. Ausnahmslos. Na ja, die Konsequenz und Ausdauer hab ich nicht. Ich bin sowieso die meiste Zeit im Sommer barfuß unterwegs und müsste mir jedes Mal die Füße waschen, wenn ich das Haus betreten will. Also bringe ich ständig den Schmutz mit ins Haus, auch wenn ich mir den größten Dreck selbstverständlich abputze. Ebenso ein Kampf gegen Windmühlen ist der Versuch, die Spinnweben im Haus loszuwerden. Auch wenn man alle Ecken sorgfältig absaugt, zwei Stunden später prangt schon wieder ein neues Netz. Ich weiß nicht, wie viele achtbeinige Mitbewohnerinnen wir haben, sehen lässt sich nur eine im Bad und die begrüße ich jeden Morgen. Ihr Netz wird von uns auch nicht mehr zerstört.
Da bin ich dann doch lieber im Garten unterwegs. Es gibt eigentlich nur eine einzige Gartenarbeit, die ich absolut nicht leiden kann, und das ist Gras mähen. Ich bin immer froh, wenn der große Frühjahrsschub vorüber ist und die Wiese nicht mehr jede Woche ansteht. Sogar die Sisyphus-Arbeit, das abgeblühte Mohnfeld wieder in ein Gemüsebeet zu verwandeln, hat mir Spaß gemacht. Sisyphus wurde nie fertig, ich habe es nach drei Tagen geschafft. Zuerst habe ich die spärlichen Blüten rausgeschnitten und auf Vasen verteilt, wo sie noch immer von den Hummeln umschwärmt werden. Dann habe ich die Büsche vorsichtig ausgerissen (nur ein Zwiebel musste dran glauben), alle Samenkapseln für die Biotonne abgezupft, anschließend die Buschen in kleine Stücke geschnitten und als Mulch auf das frisch gejätete Gemüsebeet verteilt. 4 m², drei Tage, yeah! Fehlen nur noch 323 m².
Ganz so schlimm ist es Gott sei Dank im Garten nicht, viele Bereiche kann ich längere Zeit sich selbst überlassen. Ich muss nicht täglich kochen, kehren, wischen, putzen, wegräumen – ich hab das große Los gezogen!
Eure Flora