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"Zu spät, zu spät..."

„… ich bin schon viel zu spät!“ Wie das weiße Kaninchen aus „Alice im Wunderland“, das mit seiner Taschenuhr herumläuft und panische Hektik verbreitet, bin ich letzte Woche durch meinen Garten gesaust. Verzweiflung machte sich breit, weil ich nicht alles auf einmal machen konnte: Die Rosen muss ich schneiden, im Nachbargarten blüht schon die Forsythie. Im Staudenbeet stehen noch braune Stängel vom Herbst. Das Chinaschilf kostet mich mindestens eine Stunde. Die Fackellilien treiben schon frisch aus und die Blätter vom Vorjahr gehören abgesäbelt. Der Winterschutz von den Hortensien muss weg, die setzen sicher schon Knospen an. Müssen die Kartoffeln schon ins Gemüsebeet? Das hab ich ja auch noch nicht fertig. Die Samen muss ich durchschauen, ob noch was im März ausgesät wird. Den Kompost muss ich ausbringen, habe ich genügend Hornspäne? A propos Kompost: Die Schilfmatte rund um den Metallkomposter hat es über den Winter zerlegt, den muss ich neu ummanteln, damit nicht alles durch das grobe Gitter rausfällt. Alleine eine mühsame Angelegenheit, doch meine Familie hatte keine Zeit. Also verschob ich den Komposthaufen und begann, das Schnittgut in der Gerätehütte in großen Taschen zu stapeln, bis mir Taschen und Platz ausgingen (der zweite Komposthaufen geht schon über).

Schließlich fiel mir der alte Spruch meines Vaters ein: Immer „sche bomali„! und ich atmete tief durch. Eines nach dem anderen, zwei Hände, zwei Füße. Den ganzen Stress mache ich mir ja nur, weil ich nächsten Freitag schon wieder auf Urlaub fahre und vorher alles fertig haben will. Also, wie lange fahre ich weg? Eine Woche, eine lächerliche Woche nur. Wenn vorher nicht die ganze Frühlingsarbeit erledigt ist, dann halt nachher. Ich überlegte, was im Moment das Wichtigste war. Es war der Komposthaufen. Ich kletterte vorsichtig zwischen Kübelpflanzen und Gartenmöbeln auf meiner steilen Ausklapptreppe auf den Dachboden und holte die dicke Rolle Schilfmatte, die ich noch hatte. Langsam, Stufe für Stufe, bugsierte ich das schwere Trumm nach unten. Geschafft! Die Reste der alten Schilfmatte zu entfernen erwies sich als mühselige Fitzelei, ich hatte sie SEHR gut am Gitter befestigt. Ich zerrte und schnippelte, bis ich endlich das splitternde Schilf von den vielen Plastikschnüren getrennt hatte, die es zusammengehalten hatten. Die sich in alle Richtungen verbiegende neue Schilfmatte straff um den Metallsilo zu wickeln war die nächste Herausforderung. Aber jetzt steht das Meisterwerk, die Matte muss ich zwar noch einkürzen, aber das hat Zeit. Erst einmal leerte ich meine Behälter um und staunte, was da zusammengekommen war: Der Komposthaufen ist schon zur Hälfte voll.

Dann begann ich, mich durch den Garten Beet für Beet durchzuarbeiten, abschneiden, Unkraut jäten, Kompost ausbringen. Hinter dem Haus, wo es schattig und die Erde daher klebrig-feucht ist, sodass ich keinen Kompost einarbeiten kann, streute ich den organischen Dünger Biofert oberflächlich aus, der zersetzt sich beim nächsten Regen. Die Himbeeren sind wie jedes Jahr von Scharbockskraut zugewuchert, den Kampf habe ich aufgegeben. Erstens schaffe ich es nie, alle Knöllchen aus dem gatschigen Boden zu klauben, und zweitens zieht das Unkraut nach der Blüte von selbst wieder ein. Storchschnabelbeet, Beerenbeet im Bauerngarten, meinen Liegeplatz und das halbe Staudenbeet hab ich auch schon hergerichtet. Zeugen für meinen Fleiß sind eine Blase am Daumen von der Gartenschere und völlig zerkratzte Unterarme von meinen geliebten Rosen.

Nein, bis zum Urlaub werde ich nicht fertig, ich schaffe höchstens noch die zweite Hälfte vom Staudenbeet. An manchen Stellen ist es ohnehin besser, noch ein wenig zu warten, denn in meinen Beeten sprießen jede Menge seltsamer Blätter, die ich nicht zuordnen kann. Im Herbst hab ich doch… war das da?… ich dachte, das merk ich mir… Wie alt muss ich denn noch werden, um zu begreifen, dass ich es mir nicht merke?! Hoffentlich sehe ich nach dem Urlaub klarer.

Zum Thema „merken“ habe ich zum Abschluss noch eine nette Geschichte. Nach einem heftigen Sturm Ende Jänner, bei dem ich um meinen alten Herrn fürchtete, fuhr mein Mann in den Garten, um nach dem Rechten zu sehen. „Alles gut“, lautete sein Bericht, „nur deine Tontöpfe hat der Sturm zertöppert.“ Was, meine guten, teuren Tontöpfe?! Dann fiel mir ein, dass ich deren Frostfestigkeit ja nicht traue und sie deswegen über den Winter immer ins Haus räume. Also welche Tontöpfe? „Wo liegen die?“ „Weiß nicht, in der Wiese halt.“ „Wo genau?!“ Schließlich stellte sich heraus, dass Christian den Scherbenhaufen gesehen hatte, den ich am Rande des Präriebeetes angelegt hatte, rund um meine „Weiße Wolke“ (Rose). Vor zwei Jahren.

Eure Flora

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