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Der Froschkönig

Es war einmal…

Dass meine Kinder im Sommer im Garten herumtoben konnten, war toll. Der tägliche Spaziergang durch die Anlage gehörte dazu. Was gab es da nicht alles zu entdecken! Das erste Wort meines Sohnes nach Mama und Papa lautete „Kraku“, weil zwei Gärten weiter eine Traktorfräse die Wiese umpflügte. Dass der Spaß nach einem Tag vorbei war, enttäuschte ihn sehr. Den ganzen Sommer lang musste ich jeden Tag mit ihm zu dem Garten pilgern und er schaute sich die Augen aus dem Kopf, ob der „Kraku“ nicht doch auftauchen würde. Die Nachbarin hätte am liebsten den Garten noch einmal neu anlegen lassen, so leid tat ihr der kleine Kerl mit seinem verzweifelten „Kraku?“. Gott sei Dank gab es noch viele andere Ziele. Hunde, Katzen und Schildkröten, Erdbeeren und Salatköpfe, Pools, die sie sehnsüchtig anstarrten, hübsche Blumen und lustige Figuren.

Das Highlight und verpflichtender Abschluss jedes Rundgangs war der Weg zum Froschkönig. Schon bevor er eines Tages da stand, war dieser Garten ein beliebtes Ziel gewesen, denn am Zaun standen prächtige Kugeldisteln. Mein Sohn konnte die stacheligen Bälle schon selbst antippen, meine Tochter musste ich noch hinaufheben. Ui, waren sie stolz, wenn sie sich getraut hatten und die Blüten hatten sie an der Handfläche gekitzelt. Man musste aber gut aufpassen, denn bei den Bienen waren die Disteln auch sehr beliebt und manchmal schauten wir ein paar Minuten lang zu und sangen „Summ, summ, summ“. Und dann zerrten sie mich weiter zum Froschkönig. Stets aufs Neue bewunderten sie die Krone und den goldenen Ball und dann kamen die Fragen: „Gell, der Ball ist in den Brunnen gefallen?“ „Gell, die Prinzessin war eine blöde Kuh?“ (stammte natürlich von meinem Sohn mit einem Seitenblick zur kleinen Schwester) und „Hat sie wirklich den armen Frosch an die Wand geworfen?“ Es endete jeden Tag gleich, nämlich dass ich ihnen auf dem Rückweg zu unserem Garten das Märchen von A bis Z erzählen musste und wehe, ich sagte einmal einen Satz anders als sonst, dann fielen sie gleich über mich her.

Vielleicht hatte ich ein bisschen diese Erinnerung im Kopf, als ich meinen „Brunnen“ anlegte. Jedenfalls suchte ich in allen Gartencentern nach einer passenden Figur. Aber wie es mit verklärten Erinnerungen halt so ist, kein Froschkönig war hübsch genug. Einmal war die Kugel überdimensional, dann glotzte der Frosch dumm aus der Wäsche, dann war er zu klein, zu grün, die Krone hässlich… Wahrscheinlich sah der Froschkönig damals genauso kitschig aus wie alle jetzigen, aber in meinem Gedächtnis ist er perfekt, und ich suchte weiter.

Jetzt hat mir mein Sohn die Entscheidung abgenommen. Auf einem Ostermarkt sah er einen Stand mit bepflanzten Figuren und dachte (das gute Kind!) gleich an die Mutter und ihren Gartenfimmel. Sicherheitshalber fragte er noch die Schwester, was mir gefallen könnte, und die wusste es sofort: „Nimm den Frosch, die Mama sucht schon ewig einen!“ Und da steht er nun: ohne Krone, ohne Ball, kein Froschkönig. Und doch – perfekt!

Eure Flora

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