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Putzfimmel

Zu einem Naturgarten gehört ein gewisses Maß an Unordnung. Ein bisschen wildes Durcheinander in den Pflanzungen mit unerwarteten Gästen, Sträucher, die auch einmal in den Weg hängen dürfen, ungemähte Wiesenstücke und malerisch verteiltes Totholz machen den Charme des Gartens aus und bieten vielen Tieren einen Unterschlupf. Für gewöhnlich gefällt mir dieses Laissez-faire und ich freue mich an dem fröhlichen Kunterbunt. Doch hin und wieder (Gott sei Dank nur ein-, zweimal im Jahr) schlägt mein ordnungsliebender Charakter durch und dann geht es ans große Saubermachen.

Planen lässt sich so ein Anfall nicht. Meist fängt es damit an, dass es irgendein Löwenzahn in einer Terrassenfuge gar zu bunt treibt oder, wie vor ein paar Tagen, dass das Scharbockskraut, das munter in den Fugen sprießt, gelb und unansehnlich wird. Was übrigens sein liebenswertester Wesenszug ist, nämlich dass es sich nach der alljährlichen Schwemme im Frühling wieder still und heimlich zurückzieht und das restliche Jahr unsichtbar bleibt. Nun bin ich ja keine, die jedem Blättchen in den Fugen mit Flammenwerfer, kochendem Salzwasser oder Hochdruckreiniger zu Leibe rückt (keine Erfindung von mir, passiert alles in meiner Nachbarschaft!). So manche Dauergäste amüsieren mich sogar mit ihrer unerschüttlichen Zähigkeit, wie etwa mein Schneeglöckchen und eine Dreimasterblume, die schon seit Jahren hier besser gedeiht als ihre Verwandten im Staudenbeet. Auch der Oregano ist aus dem Kräuterbeet ausgebüxt und darf von mir aus das Terrasseneck umschmeicheln. Alles andere stört mich plötzlich und ich rücke mit dem Fugenkratzer aus, bis meine Wege wieder bewuchsfrei sind.

Ihr dürft bleiben!

Wenn ich schon dabei bin, weise ich auch gleich Grasbüschel und Efeuranken, die über die Betonplatten lugen, in die Schranken. Zum Abschluss mache ich etwas, was ich höchst selten, nämlich nur vor „Staatsbesuch“ mache, ich kehre die Terrasse und sämtliche Wege blitzblank sauber. So, jetzt könnte ich mich eigentlich zurücklehnen.

Aber wenn die Ordnungswut einmal erwacht ist, lässt sie sich nicht so schnell eindämmen. Die Rasenkanten zu den Beeten sind auf einmal ein Ärgernis, das es umgehend zu beseitigen gilt. Vor ein paar Jahren habe ich einen Rasenkantenstecher in einem Supermarkt um € 4,99 gekauft, eigentlich nur, weil er so billig war und ich dachte, zu irgendwas wird das Teil schon einmal gut sein. Bei seinem ersten Einsatz habe ich jedoch überrascht bemerkt, dass das Gerät unheimlich praktisch ist. Ruckzuck und mit wesentlich geringerem Kraftaufwand als mit dem Spaten ist die Grenze zwischen Beet und Wiese neu definiert. Ein wenig länger dauert es freilich, bis die Wiese aus den abgestochenen Brocken ausgeklaubt ist, aber nach zwei Stunden bin ich auch damit fertig und Storchschnabelbeet und Großes Staudenbeet sehen wieder akkurat aus.

Der Wiesenstreifen rund um meinen Garten wird einmal jährlich von mir gründlich getrimmt, die Grasränder am Zaun geschnitten, die Polster, die sich über den Weg legen, entfernt, alle Disteln ausgestochen. Könnte ich auch gleich erledigen. Doch da melden sich mein Rücken mit „Spinnst du?“ und mein Mann mit dem Abendessen und ich lege das Werkzeug für diesen Tag beiseite. Aber am nächsten Morgen ist der Putzrausch vorüber und der Wiesenstreifen ist mir wieder wurscht. Er wird bis zum nächsten Anfall warten müssen.

Eure Flora

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