Party, Party!
Als wir vor über 30 Jahren den Garten von meiner Mutter übernommen hatten, begann mein Mann sofort mit der Planung von rauschenden Gartenfesten. Doch die Wirklichkeit holte ihn bald ein. Denn abgesehen von herrlichem Essen, ausreichend Getränken und gutgelaunten Gästen bedarf es zu einer gelungenen Party im Garten vor allem eines: Schönwetter.
Einladungen von mehr als vier Leuten sind bei uns zwingend outdoor, denn in meiner 25 m²-Villa haben nicht mehr Platz, nicht einmal stehend. Ist Regen angesagt, müssen wir absagen, angesichts der Logistik eines Geburtstagsfestes ein Horror. Am Anfang behalfen wir uns mit entweder-oder-Einladungen, also bei Schönwetter im Garten, bei Schlechtwetter in der Wohnung (was einen gehörigen Aufwand bedeutet, denn unsere Wohnung ist den ganzen Sommer unbenutzt und muss erst durchgeputzt werden). Leider sind Wetterbericht und Wolken am Himmel oft kryptisch, es kann nicht eindeutig schütten oder eindeutig die Sonne strahlen, nein, am Morgen ist es trüb, aber warm, oder blau, aber in der Ferne ballt es sich zusammen. Wia ma’s mocht, is fålsch, sagt man bei uns in Wien dazu. Und das war es dann meistens auch. Wir übersiedelten bei drohendem Regen am Vormittag Essensberge und Bierkisten in die Wohnung, um dann spätestens um 16 Uhr festzustellen, dass die Gäste bei prächtigem Sonnenschein eintrudelten. Im Sommer ist unsere Innenstadtwohnung unmenschlich heiß und so mussten wir uns die ganze Nacht anhören, dass wir viel zu ängstlich seien. Ein einziges Mal feierten wir im Garten und da beendete ein leichter Regen das Fest. Irgendwann gaben wir es auf und machten Christians Geburtstagsfeste im August prinzipiell in der Wohnung. Müssen halt alle schwitzen.
Vor drei Jahren machte unser Sohn Matura, sein bester Freund und seine Freundin auch und unsere Tochter schloss die Gastgewerbefachschule ab, also DIE Gelegenheit für eine große Party. Im Garten. Wir schafften uns ein 4 x 3 m-Zelt an, um für alles gewappnet zu sein. Abgesehen davon, dass der Aufbau fast das Ende unserer Ehe bedeutet hätte, sich die viel zu dünnen Längsstangen schon beim Hinschauen durchbogen und jeder Windhauch die Heringe aus dem Boden riss, sodass wir das Zelt in der Eibenhecke, der Blutpflaume und dem Marillenbaum festbinden mussten, war uns bald klar, dass das Dach einem Wolkenbruch keinesfalls standhalten würde. Es waren Wolkenbrüche angesagt. Wir sagten das Fest ab bzw. verschoben es von Samstag auf Montag, hatten ja eh alle Ferien. Diesmal machten wir alles richtig, denn am Samstag ging die Welt im Starkregen unter, während am Montag alle unter dem Dach Schutz vor der sengenden Sonne fanden. Es war ein legendäres Fest und berauscht von dem Erfolg und weil das Zelt ja genutzt werden muss, beschloss Christian sofort ein großes Geburtstagsfest am 15. August.
Er bestellte ein Fass Bier, holte es am Vortag ab und unser Sohn half mir beim Aufstellen des Zeltes und mit den Heurigengarnituren, die wir uns im Gartenverein ausborgen konnten. Natürlich gab es zur Belohnung ein frisches Krügerl vom Fass. Sollte es geben. Aus dem Fass kam nichts außer einem verdächtigen Zischen. Die beiden nahmen alles wieder auseinander und bauten die Zapfanlage noch einmal von vorne unter genauester Befolgung der Anleitung auf. Kein Bier. Es war zu spät am Abend, um noch jemanden bei der Firma zu erreichen, und der 15. August ist bekanntlich in Österreich ein Feiertag. Panik machte sich breit, mein Sohn versuchte zu beruhigen: Im schlimmsten Fall könnten wir immer noch ein paar Kisten Bier bei einem Lieferdienst bestellen. Aber mein Mann hatte allen Freunden als Partyhighlight Bier vom Fass versprochen und da ist er unflexibel wie eine Braut bei ihrer Hochzeit. Viel geschlafen hat er nicht in der Nacht, fand schließlich auf der Webseite der Firma die Telefonnummer des Geschäftsführers und klingelte den armen Mann in aller Herrgottsfrüh aus dem Bett. Wir schickten Fotos und er versuchte, uns am Telefon zu erklären, wie wir die vertauschten Anschlüsse (Bier und Kohlensäure, nicht unsere Schuld, von der Firma falsch zusammengebaut) selber richtig montieren könnten. Christian schmiss die Nerven, was wohl überdeutlich zu hören war. Der Geschäftsführer war eine halbe Stunde später bei uns, reparierte die Anlage und gratulierte meinem Mann zum Geburtstag. Am Abend schickten wir ihm ein Prost!-Foto mit allen Freunden und bedankten uns überschwänglich.
Morgen feiern wir die Matura unserer Tochter, Gott sei Dank ist für das ganze Wochenende strahlendes Schönwetter angesagt. Ich weiß nicht, ob das Zelt einen dritten Aufbau überstehen würde. Meine Nerven ganz sicher nicht.
Eure Flora