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Sarastro-Stauden

Im Laufe der vierstündigen Anfahrt (wir kamen von einem Urlaub aus der Südsteiermark und machten auf der Heimfahrt nach Wien einen „kleinen“ Umweg über Ort im Innkreis) kamen mir einige Male Zweifel an der Sinnhaftigkeit unseres Tuns. Die Pflanzen hätte ich doch „ums Eck“ auch kaufen können, zumindest im wesentlich näheren Tulln, dachte ich mir, als wir im Stau auf der A8 brav eine Rettungsgasse bildeten. Aber spätestens als wir auf den Parkplatz einbogen, war die mühevolle Anreise vergessen und ich war selig in meiner Lieblingsgärtnerei. Denn Sarastro ist viel, viel mehr als ein Verkaufsort für Pflanzen.

Da ist einmal die freundliche, gelassene Atmosphäre, die allerorts herrscht. Obwohl nur ein paar Mitarbeiter*innen rund um Christian Kreß die viele Arbeit bewältigen, herrscht keinerlei Hektik. Als ob alle freundschaftlich zusammenhelfen würden, einen riesigen Garten zu pflegen. Auch wenn es selbstverständlich das Ziel einer Gärtnerei ist, Pflanzen zu verkaufen und einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, spürt man hier nichts davon. Es geht um Pflanzen und nicht ums Geschäft. Ich habe auch kein einziges Preisschild gesehen (braucht man auch nicht, die Preise sind überaus moderat).

Wir hatten im Vorfeld angefragt, ob Christian filmen und das Ergebnis auf meinen Blog stellen darf, und eine Zusage von Herrn Kreß bekommen. Also stellte ich mich bei ihm vor und wir durften nach Herzenslust herumspazieren. Der Schaugarten ist nach der jüngsten Erweiterung riesig und ich fürchte, ich habe noch immer nicht alles entdeckt (was natürlich ein Grund ist wiederzukommen). Besonders beeindruckend fand ich das große Kiesbeet, das durch einen wellenförmigen Wall noch zusätzlich belebt wird. Auf den ersten Blick sieht die Bepflanzung geradezu spärlich aus, was aber einen ganz eigenen Reiz hat. Außerdem werden die Pflanzen noch üppiger, das Beet wurde ja erst voriges Jahr angelegt. Ich entdeckte eine traumhafte Salvie mit fast plüschigen Blütenbüscheln und praktischerweise lief mir Herr Kreß über den Weg und ich konnte ihn gleich nach dem Sortennamen fragen. Tolle Pflanzenkombinationen inspirieren zu neuer Gartengestaltung (als ob ich das brauchen würde!). Ich wusste gar nicht, dass Nachtkerzen so spektakulär sein können. Viele witzige Details ergänzen die Pflanzungen, da ein alter Gartensessel, dort hängt eine Gießkanne kopfüber am Zaun, Töpfe stapeln sich auf einem Gitter, eine ausgediente Heugabel hält Wache. Einen kleinen Teich gibt es auch. Wie es sich für einen Schaugarten gehört, kommt man aus dem Schauen nicht heraus. Schade nur, dass ich den lustigen Flaschenbaum nicht fotografiert habe!

Längst schon hatte sich Christian mit der Kamera selbständig gemacht und nach einem ausgiebigen Rundgang wanderte ich zu den langen Reihen mit den Pflanzentöpfen. Die Sorten sind sorgfältig beschriftet, teilweise mit Erläuterungen, aber bunte Abbildungen sucht man hier vergebens. Bei meinem ersten Besuch vor fünf Jahren hat mich das sehr irritiert, aber mittlerweile bin ich sarastroerfahren und gehe mit gezücktem Handy durch. Kann ich mir unter einem Pflanzennamen nichts vorstellen, schaue ich einfach im Online-Shop nach. Ich bin übrigens einem jungen Mann begegnet, der das ganz genauso machte. Dadurch dauert die Auswahl zwar um einiges länger, dafür wird man auf Pflanzen aufmerksam, an denen man sonst achtlos vorübergegangen wäre. Und Zeit sollte man sich ja sowieso nehmen, Sarastro ist keine Gärtnerei, wo man schnell drei Blumentöpfe einkauft.

Manche Pflanzengruppen wie Phloxe oder Storchschnäbel sind mit einer unüberschaubaren Sortenvielfalt vertreten. Leider hat sich mein Garten als wenig phloxtauglich erwiesen (trotz liebevoller Fürsorge kümmern sie vor sich hin oder verschwinden gleich ganz, von sechs Sorten habe ich nur mehr zwei) und so las ich nur bedauernd Namen wie „Fallschirmseide“ oder „Freudenfeuer“ und die unaussprechlichen russischen Bezeichnungen. Irgendwann einmal muss ich zur Phloxblüte herkommen. Dieses Mal kam ich mit einer genauen Liste, was ich alles „brauche“. Das meiste habe ich selbst gefunden, nur die Chrysanthemen waren versteckt (klar, dass sie als Herbstblüher nicht an vorderster Front stehen) und an den Gelenkblumen bin ich dreimal vorbeigelaufen. Dank eines sehr freundlichen jungen Gärtners hatte ich aber bald alles beisammen, er beriet mich auch kompetent und geduldig bei der Auswahl für einen problematischen Schattenbereich.

Nach drei Stunden war es Zeit, meine Schätze ins Auto zu packen, schließlich mussten wir noch 250 km nach Hause fahren. Eine Kiste, ein Karton und zwei Topfpaletten – wie kriege ich das in einen Renault Clio, der ohnehin schon mit Urlaubsgepäck und Kameraausrüstung halb voll ist? Der junge Gärtner löste das Problem, indem er kurzerhand die Pflanzen ÜBEREINANDER stapelte. „Natürlich bricht was ab“, meinte er lakonisch,“aber das wächst ja wieder.“ Hätte das mein Mann gesagt, hätte ich ihm den Kopf abgerissen, aber der junge Mann wirkte sehr vertrauenerweckend. Tatsächlich ist den Pflanzen kaum etwas passiert und ich bin ihm sehr dankbar. Bei meiner überängstlichen Fürsorge hätte ich wahrscheinlich die Hälfte der Pflanzen die ganze Fahrt hindurch auf dem Schoß gehalten.

Was ich alles mitgenommen habe? Das könnt ihr in meinem Beitrag „57 neue Freunde“ nachlesen. Und zu Sarastro-Stauden gibt es nur noch eines zu sagen: Hinfahren, anschauen!

Eure Flora

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