Verweile doch! du bist so schön!
Ob mein Hotel nun in Pöllauberg oder in Pöllau liegt, habe ich noch nicht so recht herausgefunden. In den einen Ort muss man 250 Höhenmeter hinaufwandern, in den anderen 250 Höhenmeter hinunter (zurück natürlich wieder hinauf). 250 Höhenmeter sind mein persönliches Limit, womit ich tatsächlich meine, dass ich damit an meine Grenzen stoße.
Trotzdem wanderte ich am ersten Tag zur Wallfahrtskirche von Pöllauberg hinauf. Neben der weithin sichtbaren Kirche wollte ich die Themengärten besuchen, die ringsum mit so fantasievollen Namen wie „Frommer Garten“ oder „Zimmer mit Aussicht“ angelegt wurden. Nun, im Vorfrühling Gärten zu besichtigen, bringt nicht viel. Die überwiegende Farbe ist grau-braun, mit etwas Glück leuchten Krokusse oder Narzissen hervor. Den „Schnapsgarten“ fand ich dennoch lustig. Hier sind nicht nur Früchte, aus denen in der Gegend Schnaps gebrannt wird, angebaut, Zerrspiegel und Tisch mit Hockern auf wackeligen Spiralen veranschaulichen auch gleich die Wirkung des Alkohols.
Nach dieser ersten „Berg“erfahrung beschloss ich am nächsten Tag, mich auf vertrautes städtisches (und vor allem ebenes!) Terrain zu begeben und fuhr nach Hartberg. Wer es nicht kennt, sollte unbedingt einmal hin, es ist eine freundliche kleine Stadt mit sehenswerter Altstadt. Hartberg hat das Prädikat „Città slow“, also langsame Stadt und tatsächlich geht es recht gemächlich zu. Nach einer ausgiebigen Runde kreuz und quer durch die Altstadt wollte ich den Nachmittag mit einem Kaffee im Schlosscafé beschließen und steuerte den Schlosspark an.
Beim Eingangstor in den Park freut sich das Schlosscafé, mich ab 1. April begrüßen zu dürfen. Wer mich kennt, weiß, dass es keine gute Idee ist, mich von meinem Nachmittagskaffee zu trennen. Schon war mir der ganze Schlosspark zuwider, viel zu klein, nix blüht, die Skulpturen auch nicht aufregend. Missmutig stapfte ich zu einer Bank und versuchte, meinen Grant runterzuschlucken. Ich war ganz allein in dem Park. Außer Vogelgezwitscher war nichts zu hören – doch, ein tiefes Summen erfüllte die Luft. Ich sah nach oben und bemerkte, dass ich unter einem Kirschbaum saß, der seine ersten Blüten öffnete und heftig umschwärmt wurde. Und plötzlich war da einer dieser kostbaren, seltenen Glücksmomente, in denen die Zeit still steht und nichts eine Bedeutung hat!
Als eine Mutter mit ihrem eisschleckenden Sohn kam, war der Zauber zwar vorbei, aber meine Laune blieb den Rest des Tages auf Maximum. Der Schlosspark ist übrigens wirklich hübsch. Und wenn ich schon in der Überschrift Johann Wolfgang von Goethe zitiert habe, nun noch ein weiterer Spruch des Dichters, den ich am Frühstückstisch vorgefunden habe:
Auch das ist Kunst, ist Gottes Gabe,
aus ein paar sonnenhellen Tagen
sich so viel Licht ins Herz zu tragen,
dass, wenn die Sonne längst verweht,
das Leuchten immer noch besteht.
Eure Flora