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Zimmerpflanzen

Als ich noch keinen Garten hatte, lebte ich die Liebe zu Pflanzen in meinen vier Wänden aus. In meiner ersten Wohnung, die mit 30 m² ohnehin wenig Platz bot, leistete ich mir den Luxus eines Blumentischchens, das eine ganze Zimmerecke in Beschlag nahm. Ich hortete Ableger, wo ich nur welche bekommen konnte und verstellte jede freie Fläche mit Grünlilien und Asparagus (damals war er noch in Mode und aus keiner Wohnung wegzudenken, ebenso wenig wie der obligate Gummibaum).

Dann lernte ich meinen Mann kennen und wir zogen 1984 in eine größere Wohnung um. Es war damals die große Zeit der Hydrokultur und zusammen mit einer Wohnzimmereinrichtung erfüllte ich mir meinen Traum von einer großen Hydrokulturwanne. Zwei Häuser weiter war ein Spezialgeschäft für Hydrokultur und ich konnte aus den prächtigsten Pflanzen auswählen. Es wurde eine hohe dreistämmige Yucca mit vier niedrigeren Begleitpflanzen, welche weiß ich nicht mehr. Dafür weiß ich noch den stolzen Preis von rund ÖS 2.000,00 für das Ensemble, ein Vermögen, wenn man jung und mit niedrigem Einkommen eine Wohnung einrichtet. Egal, ich war im siebenten Himmel.

Mein Blumeneck

Es dauerte nicht lange und die Yucca begann zu kränkeln. Ihre Blätter verdorrten eines nach dem anderen und auch die Kameraden wurden mickriger. Verzweifelt suchte ich Rat in dem Geschäft und schließlich erbarmte sich der Verkäufer und ging mit mir in meine Wohnung, um sich den Schaden anzusehen. Schon bei der Türe schüttelte er den Kopf: „Viel zu wenig Licht!“ Dabei hatte ich ihm die Lichtverhältnisse vor dem Kauf ausführlich beschrieben und ihn auch schon vorher gebeten, sich den Standort vor Ort anzuschauen (wie gesagt, es waren nur ein paar Schritte zu meiner Wohnung), aber dazu war er nicht bereit gewesen. Die Wanne stand im rechten Winkel neben einem Fenster, hell genug, hatte er mir gesagt. Aber jetzt war es plötzlich der ungünstige Lichteinfall, der Schatten des vis-à-vis-Hauses und die falschen Pflanzen. Wir schieden im Unfrieden und als alle Pflanzen aufgegeben hatten, verbannte ich die Wanne in den Keller. Dort habe ich sie vor wenigen Jahren ausgegraben und seither steht sie als Sumpftrog in meinem Garten (siehe Teich und Sumpf).

Da unsere Wohnung offensichtlich für Zimmerpflanzen wenig geeignet war, tobte ich mich von nun an im Büro aus. Aus welchem Grund auch immer, im Büro gedeiht alles. Ist es die Ruhe, der Elektrosmog oder die regelmäßige Blumenpflege jeden Freitag Nachmittag (zu Hause krieg ich das nie so hin), ich saß über viele Jahre hinweg im Dschungel. Auch das hat sich geändert, andauerndes Homeoffice und die Pensionierung einer fürsorglichen Putzfrau im letzten Sommer hat die Reihen gelichtet. Meine geliebten Benjamins sehen ziemlich schütter aus und da ich in ein paar Monaten selber in Pension gehe, habe ich kurzerhand alles Rettenswerte nach Hause geholt. Nun bevölkern sie meinen Schreibtisch im Schlafzimmer. Im Moment sind sie noch beleidigt und werfen täglich weitere Blätter ab, aber ich rede ihnen gut zu und sprühe und gieße und dünge. Und hoffe.

Eure Flora

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