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Sche bomali

war einer der Lieblingsaussprüche meines Vaters. Das klingt nicht nur böhmisch, das ist es auch und bedeutet „hübsch langsam“ oder „immer mit der Ruhe“. Nach diesem Motto lebte und arbeitete er, bis er vor neun Jahren kurz vor seinem neunzigsten Geburtstag starb.

Mein Vater war einer der fleißigsten Menschen, die ich je kennengelernt habe, und er trödelte keineswegs bei der Arbeit. Aber nicht einmal im Traum wäre es ihm eingefallen, zwei Dinge gleichzeitig zu erledigen. Er machte alles mit größter Sorgfalt und höchster Konzentration, aber halt eines nach dem anderen. Hätte ich je versucht, ihm den Begriff „Multitasking“ zu erklären, hätte er wohl über so viel neumodischen Unsinn nur den Kopf geschüttelt. Ob er Holz sägte oder ein Kreuzworträtsel löste, Marillen vom Baum pflückte oder ein amtliches Formular ausfüllte, immer ging er auf die gleiche Weise vor: Schauen, überlegen und dann die Sache angehen.

Ich kann mich nicht erinnern, dass er eine Arbeit unbeendet ließ oder mittendrin unterbrach. Schon im Vorhinein steckte er sein Pensum vernünftig und realistisch ab, nahm sich (ganz im Gegensatz zu mir) keine Monsteraufgaben vor, die eh kein Mensch schaffen kann. War abzusehen, dass etwas heute nicht mehr zur Gänze erledigt werden konnte, musste es eben bis morgen warten. War er für diesen Tag fertig und der Meinung, genug gearbeitet zu haben, legte er die Hände in den Schoß und tat – nichts. „Ausrasten“ nannte er das oder „den Herrgott einen guten Mann sein lassen“. Und dieses Nichtstun sah genauso sorgfältig und konzentriert aus wie alles andere, es war genau genommen ebenso eine Tätigkeit.

Als ich in den letzten Tagen meine zwei riesigen Feuerdorne auf Schulterhöhe herunterschnitt, kam mir dieses „sche bomali“ wieder in den Sinn. Anstatt wie sonst wild drauflos Äste zu kappen, zwickte ich gemächlich Stamm für Stamm ab und schnippelte sie anschließend sofort für den Abtransport klein. Nach dem ersten Tag hatte ich eine Regentonne zur Hälfte gefüllt, an den Sträuchern sah man nicht viel Veränderung. „Sche bomali“ sagte ich mir und machte am zweiten Tag geduldig weiter. Nach vier Tagen war ich fertig mit dem Herunternehmen der Höhe. Morgen habe ich die tolle Aufgabe, von allen Seiten in die Sträucher hineinzukriechen und die dürren Äste auszulichten (auch wenn meine Hände bereits ausschauen, als hätte ich mit einem Wurf kleiner Katzen gerauft). Und am Montag habe ich mir vorgenommen, den Efeu, der netterweise den Boden rund um die Feuerdorne deckt, leider aber auch hemmungslos nach vorne in meine Fingersträucher hineinwuchert, zurückzudrängen und die in die Jahre gekommenen Fingersträucher wieder auf die Hälfte zurückzustutzen.

Wie ihr lesen könnt, habe ich meinen letzten Bürotag bereits hinter mir und kann mich voll und ganz auf die wichtigen Dinge im Leben, wie etwa die Gartenarbeit, stürzen. Einer der ersten Vorsätze für mein neues Leben ist es, in Zukunft alles ohne Hektik, achtsam und der Reihe nach zu machen, ganz im Sinne meines Vaters. Sche bomali eben.

Eure Flora

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