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Der August-Blues

Es ist jedes Jahr dasselbe. Wenn die große Rosenblüte vorbei ist, sich die Beerensträucher geleert haben und so manche Staude ihr Blühpensum für diesen Sommer erledigt hat, packen mich Melancholie und Mutlosigkeit. Dabei habe ich in den letzten Jahren vermehrt Stauden und Gräser gesetzt, die erst im Juli oder August zur Hochform auflaufen, um ein Sommerloch zu vermeiden, bevor die Astern und Chrysanthemen ihren Auftritt haben und der Feuerdorn alles überstrahlt.

Aber viele haben es halt schon hinter sich: Taglilien, Fackellilien, Dreimasterblumen, Feinstrahl, Türkischer Mohn, von den Frühjahrsblühern ganz zu schweigen. Andere setzen noch einmal Blüten an, wie die Salvien, Storchschnäbel, Ehrenpreis und meine Rosen, doch ist das nur ein müder Abklatsch vom Juni. Die Wiese hat ihre besten Tage auch schon gehabt und schaut in der Sommerhitze reichlich schäbig aus.
Im Bauerngarten steht die erste Bilanz des Jahres an: Wieder sind meine ehrgeizigen Pläne nicht aufgegangen, der Palmkohl ist zerfressen, die Tomaten verfaulen eine nach der anderen, der Rucola schmeckt nach drei Ernten hart und bitter. Ich werde es wohl nie schaffen, ein bisschen ansehnliches Gemüse zu produzieren. Halt, stimmt nicht ganz: Der Mangold ist eine Wucht und, da ihn die Schnecken nicht mögen, auch schon wieder ziemlich nachgewachsen. Erdbeeren habe ich nur eine Handvoll geerntet, die Himbeeren waren zwar köstlich, aber gleichfalls überschaubar, sie einfach vor sich hinwachsen zu lassen, ist wohl auch nicht die richtige Taktik.
Kurzum, ich bin um diese Jahreszeit immer sehr unzufrieden mit mir und meinem Garten. So manches Beet schaut nicht so harmonisch aus, wie ich es mir vorgestellt habe, einiges steht wohl nicht am richtigen Platz und kämpft ums Überleben, anderes entwickelt sich in die falsche Richtung (wie meine zarte Gaura lindheimerii, die noch nie aufdringlich wurde, bis ich ihr heuer im Frühjahr eine Sonnenbraut zur Seite gesetzt habe – prompt muss sie sich als Platzhirsch behaupten und liegt halb über dem Neuankömmling!). Da ist er wieder, der Gedanke „ich hab‘ gar keinen schönen Garten“, der mit jeder Gartenzeitschrift schlimmer wird.

Und wie jedes Jahr versuche ich das Gefühl des Versagens mit neuen Plänen zu bekämpfen. Am liebsten würde ich sofort alles umsetzen, neu anlegen, in Gärtnereien stürmen und die ultimativen Gartenideen verwirklichen. Aber erstens ist da der verständnislose Blick meines Mannes („was hast denn, ist eh schön“) und zweitens die Gewissheit, dass ich mit dieser Aktion bis zum Herbst warten muss. Die erzwungene Wartezeit tut mir gut, nach zwei, drei Wochen habe ich mich beruhigt, die Herbstanemonen strahlen und die Astern bringen Farbe in die Beete. Ich sehe wieder die vielen Erfolge des Jahres. Die überstürzten Pläne habe ich über den Haufen geworfen und mein Mann kann aufatmen. Nur diejenigen, die immer wiederkehren, nehme ich mit der Zeit ernst und dann werden sie verwirklicht. Der Bauerngarten und mein neuer Miniteich sind so über Jahre gereift. Und ein paar Stauden setze ich im Herbst wirklich um.

Nächstes Jahr mache ich es besser. Schon im Frühjahr überlege ich mir genau, was ich ändern will. Und dann bin ich endlich zufrieden mit meinem Garten – bis August…

Eure Flora

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Christa

    Liebe Renate, ich dachte immer ich bin so ein unruhiger Geist, der immer was verändern will im Garten. Ach ich plane schon, was umgesetzt oder erneuert werden muss.
    LG

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