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Kompost

Kompost ist für mich der Inbegriff des Kreislaufs in der Natur, ja eigentlich des Lebens überhaupt. Denn dieses „Erde werden“ (auch wenn es die Bibel Staub nennt) steht ja eines Tages auch uns bevor. Ich arbeite gerne im Komposthaufen, es hat etwas Archaisches, Mystisches, Ewiges für mich, dieses „Erde werden“. Meine Familie findet den Komposthaufen und vor allem seine Bewohner nur grauslich, eklig und ungustiös.

Gleich nachdem ich den Garten übernommen hatte, wollte ich einen Komposthaufen anlegen, aber richtig! So studierte ich alle möglichen Ratgeber und wurde immer unsicherer, ob ich mir das wirklich antun sollte. Von „Kompostgut vorsortieren“ war die Rede, „sorgfältig schichten“, „benötigte Kompoststarter“ und „Thermokomposter“ verwirrten mich vollends. Meine Mutter, die von meinen Gartenideen nie begeistert war, prophezeite mir endlose Konflikte mit den Nachbarn und der Vereinsleitung wegen der Geruchsbelästigung. Zum Glück fiel mir eine Broschüre des Landes Niederösterreich in die Hände, in der sinngemäß stand: Machen Sie keine Wissenschaft draus, schneiden Sie alles Pflanzliche aus Küche und Garten grob zusammen und schmeißen Sie es auf einen Haufen, wie es anfällt. Den Rest erledigt die Natur.

Das klang vernünftig und machbar und genauso machte ich es. Ich kaufte mir zwei billige Holzkomposter, stellte sie hinterm Haus nebeneinander und füllte sie mit allem, was Küche und Garten hergaben. Fasziniert steckte ich immer wieder meine Hand in die Abfälle und fühlte begeistert die Hitze, die die Rotte verursachte. Ebenso beeindruckte mich das Gewusel der Würmer, Asseln, Tausendfüssler – und Engerlinge! Was ich anfangs in meiner Unwissenheit für Maikäferlarven hielt und mich immer wunderte, warum ich dann keine Maikäfer habe, entpuppte sich als Rosenkäferlarven, die mir eh viel lieber sind. Ich mag diese schwerfälligen, planlosen Brummer, die offensichtlich weder Augen im Kopf noch sonst irgendein Radar zur Verfügung haben, sonst würden sie nicht immer überall dagegenprallen.

Von Geruchsbelästigung war keine Rede. Allerdings verstand ich die Befürchtungen meiner Mutter, als ich ihren „Komposthaufen“ in meinen umschaufelte. Vor lauter Angst, dass sich ein Nachbar aufregen könnte, hatte sie das Drahtgitter unsichtbar zwischen Haselnussstrauch und Gerätehütte platziert, also im tiefsten Schatten. Und sie füllte das Gitter fast ausschließlich mit Grasschnitt – kein Wunder, dass das vor sich hinfaulte. Als ich den Brei in meine Komposter umfüllte, fragte mich mein Mann angewidert, wer denn da hineingesch… hätte. Ich mischte gut durch (den geruchsbindenen Trick mit dem Urgesteinsmehl kannte ich damals noch nicht) und nach zwei Tagen war der Gestank weg.

Im nächsten Frühjahr siebte ich hochbefriedigt krümeligen schwarzen Humus aus, der wie versprochen nach Waldboden roch. Als mir meine Mutter zum wiederholten Mal mit den Weisheiten von irgendeiner Bekannten auf die Nerven ging, ohne Umsetzen im Dreiwochenrhythmus käme kein Kompost zustande und die herrliche Erde lobte, die diese Bekannte produzierte, hielt ich ihr einen Sack vor die Nase: „Meinst du so eine?“ Mama hat nicht oft in ihrem Leben eingestanden, dass sie sich geirrt hat, aber damals gab sie es zu. Anfangs habe ich ausschließlich mit diesem Humus gedüngt, mittlerweile mische ich Hornspäne und Urgesteinsmehl unter den Kompost und arbeite diese Kraftnahrung in den Boden ein. Die Erde in den Beeten, die regelmäßig so versorgt werden, unterscheidet sich wesentlich von der in anderen Gartenbereichen.

Die beste Anschaffung war ein Trommelsieb, als das alte, von meinem Großvater selbst zusammengenagelte Sieb endgültig auseinanderfiel. Die „Flotte Lotte“ (für alle Nichtwiener: ein händisches Passiersieb in der Küche) erleichtert die Arbeit ungemein, auch wenn ich immer noch tagelang mit dem Aussieben beschäftigt bin. Heuer waren die Kompostlebewesen besonders fleißig. Da hilft nur die alte chinesische Weisheit, dass auch eine Reise von tausend Meilen mit dem ersten Schritt beginnt. Den Gedanken habe ich für mich weiterentwickelt und wende ihn immer bei endlos scheinenden Herausforderungen (Wanderung, Marillen aufklauben, Listen im Büro…) an: Jede Schaufel (Schritt, Marille, Zeile…) bringt mich dem Ende näher. Die kreisende Bewegung der Kurbel verstärkt das Mantra noch.

Im Laufe der Jahre habe ich Einiges über Kompost dazugelernt: Eiben kann man noch so klein schnippeln, sie verrotten erst nach Jahren. Eischalen muss man zerbröseln, sonst gräbt man sie unversehrt wieder aus. Allzu samenfreudige Pflanzen entsorgt man besser über die Biotonne. Und die wichtigste Erkenntnis: Die schmerzlich vermisste Lieblingsgartenschere taucht wahrscheinlich beim nächsten Kompostsieben wieder auf!

Eure Flora

Mit der "Flotten Lotte" (rechts) geht die Arbeit gut von der Hand.
Alles leer! Im zweiten Haufen verrotten die Reste, Nr. 1 wird wieder befüllt.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen!

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Anonymous

    Liebe Flora !

    Bei der heutigen Witterung leidet meine Entschlussfreudigkeit, darum:

    1.) Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung.
    (W.Busch)

    2.) Der Neid ist die negative Art der Bewunderung.
    (G.Michel)

    3.) Neid muss man sich sehr hart erarbeiten.
    (E. Reuter)

    Herzliche Grüße
    Silva

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