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Der böse Herr K.

Im Alphabeth eines Naturgärtners steht der Buchstabe K für Karthäusernelke, Kornblume und Kartoffelrose. Keinsfalls für Kirschlorbeer. Pfui! Was hat denn der immergrüne Strauch mit den hübschen ledrig-glänzenden Blättern verbrochen, dass er von manchen so militant angefeindet wird? Egal, wie verpönt er im Naturgarten ist: Der Kirschlorbeer kann nichts dafür.

Zugegeben, ich mag ihn auch nicht besonders. Aber wie immer ist nicht die Natur böse, sondern das, was der Mensch daraus macht. Ursprünglich stammt der Strauch aus Kleinasien und sollte eher Lorbeerkirsche heißen, weil er mit den Kirschen und nicht mit dem Lorbeer verwandt ist (Prunus laurocerasus!). Er wird, wenn man ihn lässt, bis zu 7 m hoch und ist somit ein stattliches Gehölz. So sieht er in unseren Gärten jedoch nicht aus. Googelt man den Kirschlorbeer, erhält man als erstes seitenweise Fotos von endlosen Schnitthecken und Sonderangeboten ab 20 Stück. Beliebte Heckenpflanze, wuchsfreudig, pflegeleicht, blickdicht, trockenresistent sind die häufigsten Attribute für ihn, beiläufig wird seine Giftigkeit erwähnt. Als eintöniger Sichtschutz hat er längst die Thujenhecken meiner Kindheit abgelöst und er kommt genauso steril und unsympathisch daher. (Dabei kann ein Thujengarten durchaus interessant sein, einer meiner Nachbarn sammelt verschiedenste Sorten, die als Solitäre seinen Garten bevölkern – nicht mein Stil, aber durch die vielen Grüntöne recht ansprechend). Die Tristesse der grünen Mauern wird oft noch dadurch verstärkt, dass sich in so umrahmten „Gärten“ kaum weitere Pflanzen finden, die Auge und Insekten erfreuen. Wird der arme Kirschlorbeer dann noch mit der elektrischen Heckenschere vergewaltigt, was seine großen Blätter unweigerlich zerfetzt, ist die leblose Einöde perfekt.

Ich gestehe es, ich habe auch zwei Kirschlorbeersträucher im Garten. Gepflanzt habe ich sie vor etwa zehn Jahren nach mehreren erfolglosen Versuchen, unter dem Marillenbaum einen Sichtschutz zur allzu nahen Nachbarterrasse zu etablieren. Im Schatten und unter dem Wurzeldruck des alten Herrn wollte einfach nichts in die Höhe wachsen. In der Gärtnerei wurde ich letztendlich auf Kirschlorbeer verwiesen, was mich gar nicht begeisterte. Ich wollte eigentlich etwas bunt Blühendes, aber noch mehr wollte ich eine wirkungsvolle Abschirmung. Also seufzend Kirschlorbeer.

Unser Start war holprig. Ich beging den typischen Anfängerfehler, alle Ästchen willkommen zu heißen, an Schnitt war nicht zu denken, ich war ja froh über jedes Wachstum. Sparrig und löcherig reckten sich die zwei immerhin in die Höhe. Ein paar Gärten weiter bewunderte ich einen großen, dichten, freistehenden Strauch und klagte der Besitzerin mein Leid. „Schneiden, schneiden, schneiden!“, war ihr Rat und mittlerweile haben sich auch meine Sträucher geschlossen. Im zweiten Jahr waren sie plötzlich völlig zerfressen, der Dickmaulrüssler hatte sich eingenistet. Gott sei Dank reichte ein einmaliges Gießen mit Nematoden aus, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Im Spätwinter kämpfen die Sträucher mit der Frosttrocknis und bekommen gelbe Blätter, aber seit ich im Spätherbst das gesamte Wasser aus den Regentonnen zum Kirschlorbeer schöpfe, ist auch das besser geworden.

Im Frühjahr dürfen sie blühen, auch wenn sie Insekten angeblich keine Nahrung bieten. Heuer werde ich mich einmal auf die Lauer legen, ob tatsächlich keine Bienen die Blütenkerzen anfliegen. In Form halte ich die beiden selbstverständlich nur mit der Schere und versuche, ihren natürlichen Wuchs so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Im Advent liefern sie mir Zweige für die „Palme“ in der Weihnachtskrippe. Als Tiefwurzler haben sie sich gut mit dem Marillenbaum arrangiert und bekommen höchstens einmal in der Woche eine eigene Wasserration. Den Boden mulche ich mit jeder Menge Rasenschnitt (den Rest schlucken die Eiben, ich habe seit Jahren kein Mähgut mehr weggeschleppt).

Alles in allem ist der Kirschlorbeer ein wüchsiger Lückenfüller in meinem Wegbeet, der anspruchslos seinen Zweck als Sichtschutz erfüllt. Als Verlängerung habe ich ihm im Herbst panaschierten Efeu als Nachbarn gepflanzt, der allerdings noch auf ein entsprechendes Gerüst wartet. Ich stelle mir die Kombination, wenn sie erst einmal eingewachsen ist, recht hübsch vor. Als ökologisch wertvollere Gehölze schließen Deutzie, Kolkwitzie, Heckenrose, Liguster und Duftschneeball an.

Ich und 1000 Pflanzen. Der Kirschlorbeer ist eine davon und ich hab ihn lieb.

Eure Flora

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