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Die Artischocke

Es war einmal eine kleine Artischockenpflanze, die bei einem Gartentag in einem Regal stand. Der ungarische Verkäufer, bei dem ich gerade ein griechisches Basilikum und eine griechische Salvie (zumindest einigten wir uns auf diese Bezeichnung in einem Mischmasch aus Deutsch-Ungarisch-Englisch, denn Schild hatte sie keines) gekauft hatte, zeigte sie mir im letzten Augenblick. Meinen Erklärungsversuch, dass niemand in meiner Familie Artischocken mag, entkräftete er mit einem breiten Grinsen. „Scheene Blume“, sagte er und schon hatte er mich an der Angel. Denn gleich stand vor meinem geistigen Auge eine prächtige Artischocke mit unzähligen, von Hummeln umsummten Blütenköpfen, die man ja nicht aufessen muss. Mein Löwenzahn kommt auch nicht in den Salat, auch wenn es noch so angepriesen wird.

Da ich damals nach mehreren Missernten die Nase voll hatte vom Gemüseanbau, war gerade jede Menge Platz im Beet und so zog die kleine Artischocke in meinen Garten um. Ich googelte nach ihren Wünschen, sie bekam ein paar Schaufeln Kompost, einen windgeschützten sonnigen Platz und viel Wasser. Laut Internet würde sie so versorgt zu einer Staude heranwachsen, die alle Blicke auf sich zieht.

Vielleicht im zweiten Jahr, obwohl davon im Internet nichts gestanden hat. In diesem Sommer begnügte sie sich damit, ein oder zwei Blättchen zuzulegen. Im Herbst packte ich sie in einen warmen Wintermantel aus Laub und alten Säcken ein und freute mich auf das Frühjahr. Zu meinem Entzücken trieb sie auch wieder aus, bekam wieder Kompostnachschub und ich begrüßte hoffnungsvoll jedes neue Blatt. Sie wuchs vor sich hin, bis sie die Vorjahreshöhe von 25 cm erreicht hatte. Den Rest des Sommers half auch gutes Zureden nicht.

„Einmal pack ich dich noch ein“, drohte ich ihr im Herbst. Als sie im nächsten Frühsommer wieder vor sich hinschwächelte, köpfte ich sie kurzerhand und baute Fisolen an. Zwischen den Stangenbohnen schoben sich stachelige grau-grüne Blätter durch, wurden mehr, bis sie eine Höhe von 25 cm erreicht hatten… Letzten Herbst tat ich gar nichts mehr und erwartete laut Internet, dass die kälteempfindliche Pflanze den Winter nicht überleben würde. Doch im März sah ich frisches Grau-grün aus dem Boden kommen. Ich grub spatentief hinunter, bis ich mir sicher war, dass ich die Pfahlwurzel weitgehend entfernt hatte, und baute Palmkohl an.

Weitgehend. Zwischen Borretsch und Palmkohl wachsen stachelige grau-grüne Blätter, wahrscheinlich bis zu einer Höhe von 25 cm. Ich muss gestehen, die Artischocke nötigt mir jede Menge Achtung und Respekt ab. Zwar nicht wie geplant durch Größe und Schönheit, aber durch ihre Beharrlichkeit. Ich werde den Palmkohl versetzen.

Eure Flora

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