Kennen Sie den Eipeldauer?
Wenn nicht, dann sind Sie wahrscheinlich zu jung. Der „Blumendoktor“ Prof. Anton Eipeldauer war der Karl Ploberger unserer Mütter und Großmütter, sogar schon mit eigener Fernsehsendung, die von 1956, damals natürlich noch schwarz-weiß, bis 1971 ausgestrahlt wurde und eine Pflichtsendung meiner Mutter war. „Der“ Eipeldauer (die Eipeldauer Straße im 22. Bezirk ist übrigens nicht nach ihm, sondern nach einem längst verschwundenen Ortsteil Eipeldau benannt) brachte auch Gartenzeitschriften und Bücher heraus, und was er zu sagen hatte, war für eine ganze GärtnerInnengeneration Religion.
Wie ich darauf komme? Meine Tochter will so schnell wie möglich in eine eigene Wohnung ziehen und Geduld war noch nie ihre Stärke. Also räumen und renovieren wir seit zwei Wochen meine alte Garçonnière und den dazugehörigen Keller, wo ich einen Haufen alter Bücher gehortet habe. Und da fand ich heute die Bibel meiner Mutter: 1000 Gartenfragen – beantwortet von Anton Eipeldauer, Gartenberater, aus dem Jahr 1941. Seit Stunden schmökere ich in dem Buch herum.
Der Stil ist überraschend locker und zeugt von einem liebenswürdigen Humor, aus dieser Zeit hätte ich mir einen forscheren, trockeneren Ton erwartet. Die Liebe zur Natur ist in allen Antworten spürbar, etwa wenn er davon spricht, dass einem größeren Baum das Umsetzen „weh tut“ oder wenn er einem Fragesteller eine Standpauke hält, dass er froh sein soll, einen Maulwurf im Garten zu haben, weil der Schnecken und Engerlinge vertilgt. Er verrät ihm zwar einen Trick, wie man einen Maulwurf fangen und aus dem Garten entfernen kann, endet aber eindringlich mit den Worten: „Einen Maulwurf töten? Nein, dafür habe ich diese Zeilen nicht geschrieben.“ Sehr sympathisch.
Von biologischem Gärtnern in unserem Sinne war 1941 natürlich nicht die Rede. War es doch damals das Wichtigste, möglichst viel Obst und Gemüse zu ernten, um die Familie satt zu bekommen. Deswegen nehmen Blumen in dem Buch nur einen bescheidenen Platz ein, während der Bodenbearbeitung, dem Düngen und der Bekämpfung von Schädlingen lange Kapitel gewidmet sind. Enormer Zeitaufwand und schweißtreibende Arbeit wird da verlangt, um den Boden umzustechen, zu rigolen (ein besonders tiefgründiges doppeltes Umstechen), abzurechen, kleinzukrümeln… und ständig zu „häundeln“, ein Wort, das man heute kaum mehr hört (falls es jemand nicht kennt, es bedeutet aufjäten; das dazugehörige Werkzeug heißt „Häundl“ mit stummem d). Es wird viel mit Torf und Torfmull gearbeitet und der „Klosetttorf“ aus dem Zeitalter der Senkgruben entspricht wohl dem heutigen Produkt aus Komposttoiletten. Die Düngevorschläge haben mich im ersten Moment erschreckt, bis ich die grauslichen Begriffe Phosphorsäure, Chilesalpeter und schwefelsaures Ammoniak gegoogelt habe – das Zeug ist nach wie vor in vielen Gartendüngern drin, nur nennt man es heute nicht mehr so direkt. Phosphorsäure z.B. ist als nichtssagendes E338 sogar in Lebensmitteln enthalten. Die empfohlenen Spritzmittel gibt es wohl (hoffentlich) nicht mehr, aber da bin ich mir nicht so sicher. Salzsäure gegen Unkraut einzusetzen, wird erwähnt , aber nicht befürwortet, ob das damalige „Unkraut-Ex“ weniger umweltschädlich war, sei dahingestellt.
Trotzdem, die meisten Ratschläge sind keineswegs überholt und einfach und übersichtlich erklärt. Ich habe auch viele Dinge gefunden, die ganz unserem heutigen Gartenzeitgeist entsprechen. Blattläuse werden vorrangig mit Schmierseife bekämpft oder frühzeitig zerquetscht, Marienkäfer soll man sammeln und in den eigenen Garten tragen. Von einem Mistbeet ist da die Rede, von Kompostwirtschaft, Gründüngung, blühenden Hecken, Trockenmauern und sogar schon von Topfobstbäumen! Das Buch bekommt einen Ehrenplatz in meiner Gartenbüchersammlung!
Noch etwas ist mir eingefallen, das hatte ich schon ganz vergessen. Der Name Eipeldauer war damals ein Synonym für einen erfolgreichen Gärtner, so wie Tixo für Klebeband. In meinen Anfängen, als ich noch gar keine Ahnung hatte, nannte mich mein Mann, wenn ich im Garten herumwerkelte, immer liebevoll „Frau Eipeldauer“.
Eure Flora
Liebe Flora,
Sie haben gewonnen – nicht nur bei der Obsternte !
„Mein Eipeldauer“ ist nur von 1961 (Buchgemeinschaft Donauland) und heißt „Reine Freude an Zimmerpflanzen“.
(Nach einer kurzen Anleitung bei jeder Pflanze kommt ein gut zu lesender Frage-Antwort-Teil, auch mit Farbfotos)
Aber – HALT- vieleicht sollte ich einmal genauer in meiner Gartenhütte nachsehen…da gibt es ein kleines Bücherregal….
Liebe Grüße, noch einen schönen Gartensommer
Silva