Wie Gott in Frankreich
Frankreich ist sauteuer. Wieder so ein Vorurteil, dass sich bei näherem Hinsehen nicht bestätigt.
Freilich, jeden Abend ins Restaurant zu gehen, geht ordentlich ins Geld. Aber alle Tage essen gehen können wir uns mittlerweile in Österreich auch nicht mehr leisten bzw. wollen wir auch im Urlaub nicht so viel Geld dafür ausgeben. Es gibt natürlich gehobene Restaurants, deren Preise jenseits unserer Schmerzgrenze liegen, aber ganz normale Café-Restaurants oder Bistrots bieten Hauptspeisen zwischen 15 und 25 Euro an. Also kein Unterschied zu daheim. Was etwas teurer ist, ist ein Krügerl Bier, das kaum unter 7 Euro zu haben ist, meist 7,50 (für lokale Sorten – allesamt hervorragend) oder noch mehr (für ein stärkeres „Blonde“, „Blanche“ oder belgische Biere). Tja, im Schweizerhaus kostet das Bier auch schon 5,60 und Herr Kolarik hat schon verlauten lassen, dass das für ihn ein Verlustgeschäft wäre.
Wir haben also erst in der Gegend von St. Malo, nun in Trébeurden weiter westlich, kleine Häuser gemietet und kochen selber. Von den Preisen und vor allem dem Warenangebot in den Supermärkten ist Christian schwer begeistert. Jeder Supermarkt verfügt über eine Fleischtheke und einen Stand mit frischen Fischen. Die Bedienung ist durchwegs freundlich (Christian spricht kein Wort Französisch außer bonjour und merci, weiß aber dafür ganz genau, was er will, und die Verkäufer haben Spaß daran, mit ihm mit Händen und Füßen zu verhandeln). Selbst in einem edlen Delikatessengeschäft in Rothéneuf, wo wir für zwei Abende Pasteten, Rillettes, Käse, Gemüse und Brot eingekauft haben, sind wir nur mit knapp über 20 Euro rausgegangen.
Überfällt uns unterwegs der Hunger oder lacht uns ein Lokal ganz besonders an, lassen wir uns es aber auch mal gutgehen und schlemmen uns durch die Speisekarte. Wir haben noch nicht herausgefunden, was man falsch machen muss, um in Frankreich mieses Essen zu bekommen. In Lokale, die mit bunten Fotos ihrer Speisen werben, gehen wir prinzipiell nicht. Ist die Hütte voller Einheimischer, muss das Essen gut sein (ein Trick, der in jedem Land funktioniert). Und wir sind überaus probierfreudig. Steht bei einer Speise „local“ dabei, ist sie schon unwiderstehlich (außer es sind „tripes“, also Kutteln). In der Bretagne sind die „moules“, die Muscheln, allgegenwärtig. Serviert wird ein ordentlicher Topf mit Muscheln, in der Regel mit Pommes frites (meist selbstgeschnitzt!), Brot und manchmal eine Remouladensauce dazu. Immer gut beraten ist man mit einem „plat du jour“, einem Tagesteller. In Dinan habe ich den Fisch des Tages bestellt und wurde mit einem Filet in cremiger Dillsauce überrascht, als Beilage gab es köstliches Erdäpfelpürree mit Olivenöl. Zum Dessert unbedingt versuchen muss man den „Kouign amann“, eine bretonische Spezialität, die übersetzt ganz banal „Butterkuchen“ bedeutet. So eine Art Blätterteigschnecke, karamelisiert, serviert mit Schlagobers und einer Kugel Vanilleeis (das in den Lokalen überall selbstgemacht ausschaut) – oh Gott, ist das gut!
Cancale ist das Austernzentrum Frankreichs, endlose Austernbänke erstrecken sich vor dem einstigen Fischerort. Die „Huîtres de Cancale“, in verschiedenen Größen nummeriert, sind berühmt und bei den Marktständen im Land besonders ausgewiesen. Wir haben Cancale tagelang vor uns hergeschoben, weil wir uns über die Austern nicht und nicht drübertrauen wollten. Am vorletzten Tag schließlich fuhren wir hin, schlenderten die gesamte Hafenpromenade ab und hatten bei jedem Restaurant etwas auszusetzen. Am Ende der Zeile ist der Austernmarkt und da fasste ich mir ein Herz und ersuchte eine Verkäuferin, ob ich EINE Auster zum Probieren bekommen könnte. Nein, lachte sie, aber es gäbe einen Anfängerteller mit sechs Austern, drei „creuses“ (gewölbte) und drei „plats“ (flache). Um das Schnäppchen von € 6,50. Christian besorgte am Nachbarstand einen himmlischen Sauvignon dazu, die Verkäuferin öffnete die Austern und zeigte mir, wie man sie richtig isst – und ich hab zum ersten Mal in meinem Leben Austern gegessen! (Christian winkte ab, lässt es jedoch offen, ob er sie nicht doch noch auf der Reise probiert.)
Jetzt aber genug vom Essen, schließlich habe ich einen Gartenblog. Wir sind heute in unserem zweiten Quartier gelandet. Habe ich in der Bucht von Saint Malo die zahlreichen Hortensienbüsche in den Vorgärten bewundert, sind es hier weiter westlich ganze HortensienFELDER, die mir den Atem verschlagen haben. Es gibt sehr, sehr helle, die meisten sind aber von einem dunklen, gedeckten Rosa, die sogar noch verblüht einen umwerfenden Eindruck machen. Wenn ich hier eine Gärtnerei finde, nehme ich mir diese spezielle Farbe mit. In zehn Tagen werde ich doch eine Gärtnerei finden!
Eure Flora