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Die Pflanzenflüsterin

In unserem gesamten Freundes- und Bekanntenkreis stehe ich in dem Ruf, einen „grünen Daumen“ zu haben. Nun habe ich einmal den Spruch gelesen:

Der „Grüne Daumen“ besteht aus Aufmerksamkeit und Zuwendung. (Anke Maggauer-Kirsche)

In diesem Sinne haben sie recht. Mir ist noch ein anderes Zitat untergekommen, das ich auch sehr passend finde:

Mein grüner Daumen ist das Ergebnis der Fehler, die ich gemacht habe, während ich lernte,
die Dinge aus der Sicht der Pflanzen zu betrachten. (Fred H. Ale)

Und am besten gefällt mir:

„Ein Garten entsteht nicht dadurch, dass man im Schatten sitzt.“ (Joseph Rudyard Kipling)

Ich selbst finde gar nicht, dass ich soooo einen grünen Daumen habe. Die Stiefmutter meines Mannes, die hatte einen. Ich sagte immer zu ihr: „Du lässt aus einer Pressspanplatte noch einen Baum wachsen.“ Nie wieder habe ich prächtigere Knollenbegonien gesehen, ihr Liebstöckl war drauf und dran, den ganzen Garten zu erobern (was sie mir davon für meinen Garten gab, hatte gar nichts mit dieser Verwandtschaft gemein und ging nach einer Saison ein), ihr Rittersporn beschämte jeden Bauerngarten und wenn sie irgendwohin ein paar Samen streute, war das jedes Mal ein Volltreffer. Überwintern? Kein Problem. Ein Steckling? Ist schon angewachsen. Zimmerpflanzen? Ein Dschungel. Ein neuer Strauch? War nächstes Jahr doppelt so groß. Ein bisschen frustrierte sie mich, vor allem weil ich nie das Gefühl hatte, dass sie viel dazu tat. Es gedieh einfach alles prächtig bei ihr.

Meine Zimmerpflanzen, hauptsächlich Ficus benjaminae, die ich im Winter aufpäpple, leiden im Sommer sichtlich. Ich komme kaum in die Wohnung, mein Mann gießt zwar regelmäßg, trotzdem schauen sie im Herbst zum Heulen aus. Welke Blätter, dürre Äste, kahle Stellen – Jahr für Jahr das gleiche Bild. Ich gieße und dünge sie, sie werfen weiter Blätter ab, beginnen jedoch auszutreiben. Bis zum Frühjahr stehen wieder volle Bäumchen da. Dann ziehe ich in den Garten und es geht erneut bergab. Unlängst sagte eine Freundin zu mir: „Ihnen fehlt deine Gesellschaft, die brauchen auch Liebe.“ Ich war ziemlich verblüfft, denn so eine esoterische Ansicht hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Na ja, es stimmt schon, wenn ich sie gieße, rede ich mit meinen Pflanzen, muntere sie auf, sich wieder zu erfangen, lobe sie für jedes neue Blättchen, frage sie, ob sie etwas brauchen.

Wenn ich das im Garten mache, flüchtet mein Mann ins Haus und hat Angst, dass jemand vorbeigehen könnte. „Frau Wunderlich“ nennt er mich dann. Ich darf auch nicht mit meinen Regenwürmern reden oder mit den Engerlingen im Kompost. (Ich tu’s aber trotzdem.) Und natürlich spreche ich mit meinen Pflanzen, rede ihnen gut zu. Manchmal schimpfe ich auch ein bisschen mit ihnen und es hilft und sie reißen sich zusammen (siehe „Der Gnadenhof„). Brauchen Pflanzen wirklich Ansprache, persönliche Zuwendung, Liebe? Auch wenn es weit hergeholt scheint, ist es zumindest ein schöner Gedanke. Andere halten Haustiere, schwören darauf, dass ihr Hund oder ihre Katze jedes Wort versteht. Ich habe Pflanzen.

Pflanzen sind Freunde, so lautet mein Credo. Mein Garten ist also eine Freundesrunde, in der es mir nie an Gesellschaft mangelt. Falls jetzt jemand befürchtet, ich würde von einer Hortensie eine Antwort erwarten, nein, so meschugge bin ich nicht. Ich sage ihr nur, dass ich mich freue, dass es ihr bei mir gefällt und ich ihre Ausdauer bewundere, mit der sie eine Blüte nach der anderen hervorbringt (es handelt sich um die neue Rispenhortensie, die ich heuer als Gastgeschenk bekommen habe), und erzähle ihr von den Unmengen Hortensien in der Bretagne. Wunderlich? Sei’s drum, ich steh‘ dazu.

Eure Flora

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