Überwintern
Glaubt man den Internet-Ratgebern, ist das Überwintern von Kübelpflanzen kinderleicht.
Drohen die ersten Nachtfröste, räumt man die frostempfindlichen Lieblinge ein. Empfohlen wird für die meisten ein heller Raum, manche mögen/brauchen aber einen dunklen Keller. Beheiztes Gewächshaus (hat ja jeder) oder ungeheizter Wintergarten (wenn ich einen hätte, wäre er geheizt, schließlich will ICH mich dort aufhalten) wäre für die Mehrheit ideal. Viele sind schon glücklich, wenn es ihnen nicht die Wurzelchen abfriert, und benötigen eine Temperatur zwischen 0 und 5° (aber ja nicht mehr, sonst blühen sie nächstes Jahr nicht oder sterben überhaupt gleich ab oder vergeilen oder kriegen Krankheiten oder…). Andere wollen mindestens 15°, dafür aber nicht mehr als 17°, dafür müssen sie regelmäßig gegossen werden, einige kann man kalt (bei 0 bis 5°) oder warm (bei 15°, aber in einem ungeheizten Raum) überwintern, ein paar müssen völlig abtrocknen, die darf man keinesfalls gießen. Knollen soll man komplett von Erde befreien und in Holzwolle dunkel und frostfrei aufbewahren. Manche müssen vor dem Winter unbedingt zurückgeschnitten werden, andere auf keinen Fall, sondern erst im Frühling, bevor man sie wieder ausräumt…
Man kann also jede Menge falsch machen, abgesehen davon, dass man manche Bedingungen einfach nicht bieten kann. Und selbst, wenn man alles richtig macht, ist es jedes Frühjahr spannend, ob etwas austreibt oder nicht. Eine Nachbarin hat mir heuer von ihrer Fuchsie berichtet, die sie seit gut zwanzig Jahren ohne viel Aufhebens überwintert. Im Frühjahr wollte sie dem Methusalem etwas Gutes tun und hat ihm einen größeren Topf samt frischer Erde spendiert – die Fuchsie hat den gesamten Neuaustrieb abgestoßen und ist binnen zwei Wochen eingegangen. Ich hatte vier Fuchsien, die ich auch schon seit Jahren durchbringe, heuer waren zwei davon abgestorben, fragt mich nicht warum, sie wurden nicht anders behandelt als ihre üppigen Kolleginnen. Strauchbasilikum, das angeblich problemlos ist, habe ich schon dreimal probiert (in verschieden warmen Winterquartieren) und konnte ihm jedes Mal beim Verdorren zuschauen. Den Chilis war es im Gartenhaus anscheinend zu kalt, also versuche ich es dieses Jahr in unserem ungeheizten Schlafzimmer. Die gewünschten 10 bis 15° hat es da aber auch nicht, sie müssen schon mit ungefähr 19° fertig werden.
Besondere Sorge machen mir meine Strauchsalvien, die ich aus Deutschland mitgebracht und ins Kräuterbeet eingesetzt habe. Es sind zwar „eher winterharte“ Sorten, strengen Frost vertragen sie trotzdem nicht. Ausgraben, um sie im Topf zu überwintern, mag ich sie nicht, das muss ja auch ein ziemlicher Schock für die Pflanzen sein. Frank Fischer (siehe „Franks Salvias„) hat mir geraten, sie im Herbst zurückzuschneiden und dick mit Laub einzupacken, das rechtzeitige Auspacken im Frühjahr aber nicht zu vergessen. Das Gemeine ist, dass sie ausgerechnet jetzt, Ende Oktober!, so schön blühen wie den ganzen Sommer nicht, was das Einpacken wie einen Frevel anmuten lässt. Ich werde es aber trotzdem demnächst angehen, die blühende Pracht mit nach Hause nehmen und in eine Vase stellen. Sicherheitshalber habe ich Stecklinge genommen und sie in meine Chilitöpfe verteilt. Sollte der Winter im Freien doch zu ungemütlich werden, habe ich ja noch die Hoffnung, dass ein paar davon in der Wohnung anwachsen.
Einen Rosensteckling habe ich samt Topf im Garten eingegraben, ein anderer steht in einer Schale mit einigen Pfirsichsalbeistecklingen im Schlafzimmer, schauen wir einmal, wer besser überlebt. Da der Schreibtisch mit den Chilis ausgelastet ist, musste ich die Schale auf ein Backblech auf den Schreibtischsessel stellen, damit sie genug Licht vom Fenster kriegt. Wenn ich ins Bett will, muss ich den Bauch einziehen und mich vorbeiquetschen. Der Rest steht trotz Energiekrise mit Frostwächter im Gartenhaus vor den Fenstern (bis auf die Fuchsien, die wollen es dunkel). Die Knollenbegonien in den Bierfässern schneide ich lediglich bodennah zurück und stelle sie in eine finstere Ecke, die Knollen rauszunehmen ist mir zu mühsam. Seit Jahren klappt das hervorragend, ich muss nur ein bisschen länger auf die erste Blüte warten. In der Dusche steht ein Bottich mit Wassersalat und verteilt im ganzen Haus Gießkannen voll Wasser. Das brauche ich zum Gießen alle zwei Wochen, die Leitungen sind ja entleert. Gegen Ende des Winters schleppe ich dann Wasserkanister. Ich muss mir nur noch merken, welche Töpfe unbedingt austrocknen müssen.
Ihr seht also, es ist wirklich kinderleicht.
Eure Flora