Bilanz
Nach den überschäumenden Ideen des Frühjahrs, deren Umsetzung im Sommer und der Melancholie des August-Blues kehrt im September Ruhe in mein Gartenherz ein. Ich schaue zufrieden auf den wie immer prächtigen Feuerdorn (die unerfreuliche Gewissheit, dass ich ihn im Frühling wieder einmal schneiden muss, ist ja noch sooo weit weg), bewundere den „Goldsturm“ der Rudbeckien und fahre mit den Fingern durch die aufblühenden Gräser. Ein paar Stauden möchte ich noch umsetzen, aber ansonsten herrscht bei mir die „heuer nimmer“-Gelassenheit.
Früher war man ein schlechter Gärtner, entließ man im Herbst nicht ordentliche, abgeschnittene, umgestochene Beete in den Winterschlaf. Dieses Pflichtbewusstsein hielt bei mir nur wenige Jahre an, dann beschloss ich (zur Verzweiflung meiner Mutter) gegen den Mainstream, alle Aufräumarbeiten aufs Frühjahr zu verlegen. Ich hatte einfach keine Lust mehr, im Oktober nach dem Büro am Spätnachmittag mit klammen Fingern in der schweren Erde zu wühlen oder feuchtkalte Stängel abzuschneiden, während ich es im März kaum erwarten kann, endlich wieder im Garten tätig zu sein. Was für eine Genugtuung, als bald in allen Gartenratgebern und -zeitschriften die Erkenntnis durchsickerte, dass es für die Natur viel besser ist, wird im Herbst nicht tabula rasa gemacht!
Der September ist die beste Zeit, einen Bilanzstrich unter das Gartenjahr zu ziehen: Was ist besonders gut gelaufen, was ist schief gegangen, was kann ich verbessern? Also, hier ist die Bilanz 2021:
GUT
- Der Kraftakt, das Projekt des Jahres, wurde ein voller Erfolg. Die Stauden sind gut eingewachsen, das Zimbelkraut überwuchert wie vorgesehen die Ziegelmauer, der Teich ist nach anfänglicher Trübung klar und die Wasserpflanzen verbreitern sich. Zwar haben weder die Schwanenblume noch der Igelkolben Blume bzw. Kolben gebildet, aber das wird nächstes Jahr auch noch klappen.
- Die Rodung des „wilden Ecks“ war eine gute Sache, es schaut jetzt wieder nach Garten und nicht nach Wildnis aus und eine geschenkte Jostabeere hat sich auch schon eingelebt. Im Oktober werden die Himbeeren übersiedeln.
- Das neue Kräuterbeet bewährt sich. Nahe beim Haus sind alle Trockenkünstler beieinander und scheinen sich wohlzufühlen.
- Das Storchschnabelbeet, das ich letzten Sommer angelegt habe, bot heuer einen prächtigen Anblick. Bis auf eine Sorte (ausgerechnet die vielgerühmte „Rozanne“) haben sich alle verbreitert und bilden einen dichten Teppich.
- Der Mangold ist eine Wucht. Den baue ich wieder an!
- Die Felsenbirne hat zum ersten Mal reich getragen, ich habe wochenlang mein tägliches Müsli damit aufgebessert.
- Mein „alter Herr“ hat sich nach dem Radikalschnitt erfangen und die stattliche Ausbeute an Marillenmarmelade kann sich sehen lassen!
- Die Rosen haben heuer besonders üppig geblüht, meine persische Prinzessin und „The Pilgrim“ haben nach einer längeren Erholungspause wieder einen überreichen Flor angesetzt.
- Das neue Windrad macht mir viel Freude. Es ist unglaublich entspannend, seinem sanften Hin- und Herschaukeln im Wind zuzuschauen.
SCHLECHT
- Der Bauerngarten schaut nach wie vor nicht so aus, wie ich ihn mir vorstelle. Die zwei Blumenviertel kommen nicht recht in die Gänge, die Himbeer- und Erdbeerernte waren mickrig und ich habe immer noch keinen idealen Wegbelag, sodass das Unkraut wuchert.
- Der Gemüseanbau macht mir wie immer zu schaffen. Die Paradeiserernte ist so lala, im Bauerngarten haben die Schnecken mit Ausnahme vom Mangold alle Bemühungen zunichte gemacht.
- Die tollen Phlox-Sorten „Drakon“ und „Düsterlohe“ haben auch heuer nicht gezeigt, was in ihnen steckt. Kaum treiben sie aus, fangen sie an zu kränkeln und blühen zaghaft mit anscheinend letzter Kraft. Nach dem Rückschnitt geht das Drama von vorne los.
- Mit dem Wegbeet („Mixed Boarder“) bin ich wenig zufrieden. Am liebsten würde ich alles ausgraben und neu anlegen.
Ich würde sagen, unterm Strich ist es ganz gut gelaufen. Der Phlox wird heuer noch umgesetzt, vielleicht behagt ihm ein anderer, nicht ganz so heißer Platz im Bauerngarten besser. Den Schnecken werde ich nächstes Jahr noch energischer zu Leibe rücken, die Himbeeren werden auch übersiedeln, Gemüse gibt es nächstes Jahr kaum, weil wir Mai/Juni eine große Reise planen, und das Wegbeet, ach das wird schon noch – aber heuer nimmer.
Eure Flora